Immer mehr leitende Mitarbeiter kehren Oberbürgermeister Schubert den Rücken
Ein Kommentar von Steve Schulz

Am 15. November dieses Jahres hat Noosha Aubel, die Beigeordnete für Bildung, Kultur, Jugend und Sport der Landeshauptstadt Potsdam, erklärt, ihr Amt zum 28. Februar 2023 niederzulegen. Und das kam für alle überraschend – wenngleich viele Menschen, die mit ihr regelmäßig zu tun hatten, großes Verständnis für diesen Schritt zeigen.
Aubel reiht sich mit ihrer Entscheidung in die Reihe derer ein, die Schubert in den vergangenen Wochen und Monaten den Rücken gekehrt haben.

Schubert fehlt es an Führungskompetenz

Die aktuelle Entwicklung kann selbst Oberbürgermeister Mike Schubert nicht mehr leugnen – und der ist gut darin, sein Scheitern schönzureden und die Schuld dafür bei anderen zu finden. Allein in den letzten Monaten haben viele Mitarbeiter aus Führungspositionen aus der Potsdamer Verwaltung und städtischen Unternehmen, darunter fünf Frauen, gekündigt, um neue Aufgaben in anderen Städten anzunehmen: die Gleichstellungsbeauftragte Martina Trauth, die Leiterin des Potsdam Museums, Jutta Götzmann, Sophia Eltrop, Geschäftsführerin der Stadtwerke Potsdam sowie die Geschäftsführerin der Verkehrsbetriebe Potsdam, Claudia Wiest, und einige mehr. Alle haben neue Tätigkeitsfelder außerhalb Potsdams gesucht und gefunden. Und weitere leitende Mitarbeiter haben ihr gehen bereits angekündigt.
Wie realitätsfern Schubert ist, zeigte sich bei der Veröffentlichung des Personalberichtes am 21.11.2022, knapp eine Woche nach Aubels Ankündigung. Unter Berücksichtigung der aktuellen Geschehnisse wirkte seine Darstellung der Situation fast schon lächerlich: „Der vorliegende Personalbericht zeigt, dass wir bereits auf einem guten Weg sind, beispielsweise bei der paritätischen Besetzung in Führungspositionen“, beschreibt Schubert die personelle Lage. Eine gröbere Fehleinschätzung ist wohl kaum noch möglich. Aber Schubert ist eben ein Meister im Schönreden.

Den Grund für diese Entwicklung sehen viele in der fehlenden Führungskompetenz des Oberbürgermeisters Schubert. Seinem Führungsstil mangele es an Weitsicht, Empathie, Fachkompetenz, Transparenz und Ehrlichkeit, so Mitarbeiter der Verwaltung gegenüber dem POTSDAMER. Schubert gehe es bei seinem Führungsstil darum, nur seine Ideen durchzudrücken. Ratschlägen und Ideen anderer zeige er sich ablehnend gegenüber, wenn diese nicht seinen Vorstellungen entsprechen. Gefallen sie ihm, verkaufe er sie als seine eigenen Ideen. Schubert sei „völlig unfähig“, so ein enger „Vertrauter“ Schuberts in einem Gespräch. Auch sei in dem Lebenslauf des Oberbürgermeisters bei bestem Willen keine Führungskompetenz ablesbar.

Zwischen dem Oberbürgermeister Mike Schubert (l.) und seiner Beigeordneten, Noosha Aubel (r.), hat es nur vier Jahre gehalten, dann hat es ihr gereicht. Ob Schubert aus der Tatsache der sich von ihm abwendenden Mitarbeiter etwas für sich ableiten wird, ist eher unwahrscheinlich.

Zwischen dem Oberbürgermeister Mike Schubert (l.) und seiner Beigeordneten, Noosha Aubel (r.), hat es nur vier Jahre gehalten, dann hat es ihr gereicht. Ob Schubert aus der Tatsache der sich von ihm abwendenden Mitarbeiter etwas für sich ableiten wird, ist eher unwahrscheinlich.
Foto: sts (Archivbild)

Einsatz bis zum Schluss

Wer Noosha Aubel kennt, der weiß, dass sie eine Kämpfernatur ist. Als sie 2017 nach Potsdam kam, stand sie vor großen Herausforderungen. Vor allem die Infrastruktur für Schulen und Kitas war desolat. Mittlerweile hat es Aubel geschafft, dass mehr Kitas und Schulen gebaut werden konnten, obwohl Grundstücke dafür in Potsdam Mangelware waren und noch immer sind. Potsdam betreibt sogar bald selbst wieder eine Kita, die derzeit in Krampnitz entsteht.
Ihr Einsatz für den Sport war beispielhaft. Trotz des viel zu geringen Flächenangebotes hat es Aubel mit viel Geschick und Weitsicht geschafft, den Bedarfen der vielen Sportvereine Potsdams den Möglichkeiten entsprechend gerecht zu werden und dabei die Vereine gleichermaßen zu berücksichtigen.
Dem durch die Pandemie-Jahre stark gebeutelten Kulturbereich hat sie stets den Rücken gestärkt und in der Digitalisierung der Schulen eine wichtige Aufgabe gesehen, die sie intensiv verfolgt hat.
„Mein berufliches Handeln und Wirken richte ich stets darauf aus, wirksame Veränderungen zu erzielen. Ich möchte spürbare und nachhaltige Verbesserungen der Lebens-, Arbeits- und Rahmenbedingungen für Kinder, Jugendliche, Familien, Kulturschaffende- und interessierte, Sportler:innen, Mitarbeitende und Partner:innen etc., kurzum für die Potsdamer:innen (mit)entwickeln und umsetzen. Dafür habe ich in den vergangenen fünf Jahren all meine Kraft eingesetzt und gemeinsam mit Ihnen vieles erreicht. Leider nicht immer in dem Umfang, wie ich es mir gewünscht hätte, und es wurde in der jüngeren Vergangenheit zunehmend schwerer“, so Noosha Aubel in ihrer offiziellen Stellungnahme.
Ganz egal, welche Herausforderungen in den vergangenen Jahren Aubel im Weg standen, sie hat sie angenommen, sie mit Sachverstand, Verhandlungsgeschick und Ausdauer so gut es ging gemeistert oder so gut man sie ließ. Und auch als Oberbürgermeister Schubert ihr in aller Öffentlichkeit immer wieder in den Rücken fiel, blieb sie standhaft und fair.
Aubel möchte jetzt einer neuen Aufgabe nachgehen, die „stärker von gemeinsamen Überzeugungen und einer wertebasierenden Kultur geprägt sein sollen“ und macht damit deutlich auf die Differenzen zu Oberbürgermeister Schubert aufmerksam.
Bis Ende Februar 2023 will sie ihr Engagement noch ungebrochen einbringen und sich für Potsdam starkmachen, weil der Wahl-Potsdamerin die Stadt sehr am Herzen liege. „Diese Entscheidung ist mir sehr schwergefallen, da ich nach wie vor für die Aufgaben, die Inhalte und für unsere Stadt brenne“, so Aubel.

Provozierte Schubert Aubels Weggang?

Als Mike Schubert 2018 mit einem sehr knappen Vorsprung zum Oberbürgermeister gewählt wurde, kündigte er große Veränderungen an, die Potsdam dringend nötig hatte. Eine seiner Dauerbaustellen ist seitdem die Neustrukturierung der Verwaltung.
Eine seiner Ideen war es, aus dem sehr großen Resort „Bildung, Sport und Kultur“ ein riesiges zu machen, indem er die Abteilung „Jugend“ integrierte. Statt die überarbeiteten Mitarbeiter und die überlastete Verwaltung zu entzerren und zu entlasten, bürdete Schubert als Chef der Verwaltung seinen Mitarbeitenden immer mehr auf. Für die Beigeordneten hieß das – und heißt es immer noch –, sich den vielen Themen nur noch oberflächlich widmen zu können. Daraus resultierende Verzögerungen oder Komplikationen nahm und nimmt Oberbürgermeister Schubert gerne zum Anlass, an seinen Beigeordneten Kritik zu üben – und das am liebsten öffentlichkeitswirksam. Sein Motto: Wenn ich andere kritisiere, lenke ich von meinem eigenen Versagen ab.
Wer seine (leitenden) Mitarbeiter mit der Peitsche der Kritik glaubt motovieren zu können, hat im Buch der Mitarbeiterführung wohl ein paar wichtige Kapitel überschlagen – oder es gar nicht erst gelesen, weil er davon überzeugt ist, schon alles zu wissen.

Bereits im Frühjahr dieses Jahres soll Schubert die Ko-Fraktionsvorsitzende der SPD, Sarah Zalfen, als Nachfolgerin für Noosha Aubel ins Spiel gebracht haben. Hat Schubert also den Weggang von Aubel absichtlich forciert?
Dieselbe Sarah Zalfen soll noch vor Kurzem bei Noosha Aubel um eine Mitgliedschaft in der SPD geworben haben, um sie als Nachfolgerin für Mike Schubert vorzuschlagen. Vermutlich, um selbst den Posten der Beigeordneten bekleiden zu können. Ob Schubert von den internen Machenschaften wusste? Spätestens jetzt tut er es.
Der Oberbürgermeister hat dem Hauptausschuss mitgeteilt, dass er am 30.11. (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) einen Vorschlag zum Verfahren der Neubesetzung vorstellen werde. „Ich werde umgehend die Neubesetzung der Beigeordnetenstelle vorbereiten, um in dieser herausfordernden Zeit die Vakanz der Stelle so kurz wie möglich zu halten“, so Schubert am Tag nach Aubels Ankündigung. Darf Zalfen nun noch auf den Zuspruch Schuberts und somit auf den Posten der Beigeordneten hoffen? Ein anderer Weg, aber das gleiche Ziel für Zalfen – wenn es denn so kommt.

Das Weggehen von Aubel mag Schubert als Sieg für sich verbuchen, für Potsdam ist es ein großer Verlust. Ob Sarah Zalfen wirklich von Schubert als Nachfolgerin vorgeschlagen und von den Stadtverordneten gewählt wird, wird sich im Frühjahr 2023 zeigen.

sts