Auf dem Weinberg zwischen Satzkorn und Marquardt werden wieder Trauben geerntet

Einen Weinberg im Norden Potsdams – diesen Traum verwirklicht sich Andreas Meyer-Aurich auf einem sonnigen Hang zwischen Marquardt und Satzkorn. Die Idee, hier Wein anzubauen, kam dem Wahlpotsdamer und gelernten Winzer vor einigen Jahren im Gespräch mit Manfred Kleinert vom Obstgut Marquardt. Sohn Lutz Kleinert, der den Betrieb vor ein paar Jahren übernommen hat, konnte überzeugt werden. Und so bekam Meyer-Aurich 2014 die Möglichkeit, auf vorerst 100 m² pilzresistente Reben, sogenannte Piwis anzubauen.

Flacherer Sonnenstand bedingt einen größeren Rebreihenabstand als im Süden üblich. So bekommen die Trauben mehr Sonne ab. Fotos: sk

Da der Anbau von Weinreben in Europa nur mit entsprechenden Rebrechten erlaubt ist, war es nicht möglich, den Anbau auszudehnen. 2016 bekam Meyer-Aurich dann die Chance, sich um Rebrechte zu bewerben. Von insgesamt 5 ha, die für ganz Brandenburg ausgeschrieben waren, bekam er Rebrechte für 0,8 ha. Seit dem läuft der Anbau systematisch: Letztes Jahr wurden 200 Reben gepflanzt, dieses Jahr kamen 300 dazu.
2017 ist beim Spätfrost ein Teil der frisch gepflanzten Reben erfroren. Dieses Jahr hat die Trockenheit den jungen Pflanzen zugesetzt. Insgesamt ist Meyer-Aurich aber zufrieden mit diesem Jahr. Neben den etablierten Pflanzen haben sich die jungen Reben erstaunlich gut auf dem trockenen Boden gehalten. Bewässerung war nur mit Kanistern möglich und konnte in diesem Sommer lediglich das Schlimmste verhindern. Zum Glück sind nur einige wenige Jungpflanzen vertrocknet.

Andreas Meyer-Aurich bei der Ernte.

Zeit zur Ernte
Ende August war es dann so weit: Erntezeit. Nur wann ist der richtige Zeitpunkt? Offensichtlich ein schwieriges Unterfangen. Sind die Trauben süß genug? Ist es (am späten Vormittag) nicht doch schon zu heiß zum Ernten? Am Anfang soll die Maische nämlich nicht so schnell gären. Wollen wir die Trauben lieber bis zum nächsten Wochenende hängen lassen? Entdecken bis dahin die Stare die leckeren Trauben? Oder die Wespen? Was ist, wenn ein Unwetter aufzieht und die Ernte gefährdet? Der Säuregehalt wieder nachlässt und damit die Qualität?

Andreas Meyer-Aurich, Ulrike Praeger und Selma Schlichting verarbeiten die Ernte.

Die Messung ergibt: Der Johanniter hat Oechlegrade zwischen 80° und 90° (das entspricht einem Zuckergehalt von ca. 20%), die einen guten Wein erwarten lassen. Die Helferinnen freuen sich. Sie sind kaum zu bremsen. Zack, zack wandern die Trauben in die bereitstehenden Eimer. Andreas Meyer-Aurich muss aufpassen, dass nicht zu viel abgeschnitten wird. Etwas möchte er noch für eine spätere Ernte aufheben. Denn das ist eine der Künste, die ein Weinbauer beherrschen muss. Ein wenig dürfen die Sorten gemischt werden. Ein wichtiger Aspekt, um den besonderen Geschmack herauszuarbeiten. Während des Wachstums werden auch gezielt Trauben ausgedünnt, um die Qualität zu beeinflussen. „Die Arbeit mit den Reben ist total kreativ. Es kommt ein veredeltes Produkt heraus, dass ganz speziell ist“, begeistert sich Andreas Meyer-Aurich. Immer wieder muss man sich auf neue Bedingungen einstellen. Überraschungen bleiben nicht aus.

Im Frühjahr 2017 wurde das Feld komplett umzäunt.

Gemeinsam wird angepackt
Andreas Meyer-Aurich, der im Hauptberuf an einem Potsdamer Forschungsinstitut arbeitet, hat einen hohen ökologischen Anspruch: Er verwendet nur interspezifische Rebsorten. Die sind mehltauresistent. Ohne Dünger, chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, sogar ohne Kupfer sollen die Reben klarkommen.

Noch fehlt das Profiwerkzeug. Doch mit Muskelkraft und Pragmatismus lässt sich auch köstlicher Wein machen

Die anstehenden Arbeiten, wie Pflanzen, Zäune bauen, Hacken und Pflege der Reben erledigt Meyer-Aurich zusammen mit Freunden, Familienmitgliedern und Nachbarn, die sich für das Projekt begeistern ließen. Alle zwei bis vier Wochen schickt er Rundmails mit Fotos aus dem Weinberg und anstehenden Arbeiten an die Weinfreunde. Sie beteiligten sich beim Pflanzeneinkauf und helfen mit bei den regelmäßigen Arbeitseinsätzen. „Jeder macht nur so viel wie er kann und wozu er Lust hat.“ Das ist Meyer-Aurich wichtig. Klar, die Hauptarbeit bleibt bei ihm. Aber die gemeinsamen Arbeitseinsätze machen großen Spaß und geben Kraft.


Mal sehen, was im nächsten Frühjahr auf ihn und den Weinberg zukommt. Mehrere hundert Reben sollen dazu gepflanzt werden. Bis dahin lässt es sich Andreas Meyer-Aurich gemeinsam mit seinen Freunden schmecken: echten Marquardter Wein.

Raum zum Keltern gesucht
Andreas Meyer-Aurich sucht eine Garage, Stall, Keller oder eine Waschküche mit ebenerdigem Zugang günstig zu mieten. Ein Trinkwasseranschluss wäre nötig. Am besten in Marquardt oder den umliegenden Dörfern. Bitte melden unter 0176 51252715

sk