Die Olsenbande kommt nach Potsdam
04.07.2018 – 17.02.2019 Sonderausstellung und Begleitprogramm
Eröffnung am 03.07.2018
Vierzehn Filme entstanden um das liebenswürdige dänische Gaunertrio „Die Olsenbande“, 2018 feiern wir ihr 50. Jubiläum! Die Ausstellung wird mit originalen Exponaten aus den Filmen die immer noch große Fangemeinde begeistern. Die Besucher werden ihren Helden Egon, Benny, Kjeld , Børge und natürlich Yvonne begegnen. Auch die Menschen hinter der Kamera werden vorgestellt. Das kleine, feste Team spielte eine wichtige Rolle im dänischen Kino und Fernsehen. Sie produzierten weit mehr, als nur die „Olsenbanden“-Filme. Ihre Arbeit wird ebenso vorgestellt. Ein hauptsächlicher Fokus der Ausstellung widmet sich der Frage, wie die dänischen Filme ein Teil der ostdeutschen Identität werden konnten. An ihre ungeheure Medienpräsenz in der DDR, weit über die Olsenbanden-Filme hinaus, wird die Ausstellung ebenso erinnern.
An allererster Stelle steht jedoch der familienfreundliche, große Spaß, den die Filme auch heute immer noch bereiten. Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit der Kunsthalle Rostock, der königlichen dänischen Botschaft und unendlich vielen Leihgebern aus Dänemark und Deutschland. Ein umfassendes Begleitprogramm mit einer Retrospektive aller Teile in Kooperation mit dem rbb Fernsehen und ein Konzert mit Jes Holtsø, dem ehemals kleinen Børge sind geplant, auch einige Macher werden zu Gast im Filmmuseum sein.
Bildet Olsenbanden!
„Es ist die reinste Tragödie. Die armen Eltern! Nur Alkohol und Marxismus im Kopf!“, klagte Kjeld 1977 im neunten Film der Olsenbande über den Sohn seiner Schwägerin. Da Marxismus in der DDR nicht als Tragödie galt, hatte der Junge in der DEFA-Fassung „Alkohol und Weiber“ im Kopf – wie die DDR-Jugendlichen wohl auch. Marxismus war Nebensache. Alkohol, Frauen und auch ein bißchen Marx spielten in den 14 offiziellen dänischen Olsenbande-Filmen, die zwischen 1968 und 1998 entstanden, eine nicht unwesentliche Rolle. Getrunken wurde am liebsten Tuborg- und Carlsberg-Bier, und die Ideen, denen gehuldigt wurde, waren bestenfalls vulgärmarxistisch. Immerhin wollte Egon schon damals angesichts der Globalisierung den „multinationalen Konzernen“ (heute als „Heuschrecken“ bezeichnet) und den nicht wirklich notleidenden Banken eins auswischen. Das gefiel auch den DDR-Zuschauern. Zumal die Brigade mit Egon, Benny und Kjeld (bei denen gelegentlich auch Börge und Dynamit-Harry mitmischten) immer wieder den von Egon ausgegebenen Plan zu erfüllen trachteten, der doch fast nie erreicht wurde, der im gemeinsamen Trinken aber allemal. Hier liegt eins der Geheimnisse für den außerordentlichen Erfolg der Olsenbande-Filme in der DDR.
Da konnte der DDR-Zuschauer viel vom eigenen Kampf wiedererkennen und dazu noch staunen, wie bunt es im verfaulenden dänischen Kapitalismus aussah.
Kaum war die Kehrtwende im Osten Deutschlands bestanden, sehnten sich die ehemaligen DDR-Bürger zur Olsenbande zurück. Die aus dem Westen stammenden Direktoren von MDR und ORB staunten nicht schlecht, als die nur als Verlegenheitslösung gesendeten Filme höchste Quoten erreichten. Es entstanden zuerst Interviews mit den Olsenbande-Pensionären, dann Bücher, ein Dokumentarfilm und schließlich 1998 ein allerletzter „Olsenbande“-Film, aber nun schon ohne Yvonne, die 1987 gestorben war. Sie war unersetzlich. Poul Bundgaard alias Kjeld erlebte die Premiere nicht mehr (wie übrigens auch Björn Watt-Boolsen, der als Bang-Johansen oft Gegenspieler war). Ove Sprogøe, der legendäre Egon folgte ihm 2004, die geistigen Väter Erik Balling und Henning Bahs leben auch nicht mehr. Aber ihre Filme leben weiter, besonders in der weitgehend kongenialen Synchronisation mit den DEFA-Stammsprechern Karl Heinz Oppel, Peter Dommisch und Erhard Köster. Weil Synchronautor Wolfgang Woizick nicht wusste, dass Morten Grunwald (das einzig überlebende Bandenmitglied, kürzlich in der Berliner Volksbühne livehaftig zu erleben) als Benny „Scheiße-gut“ sagt, erfand er „Mächtig gewaltig!“, das bis heute ein geflügeltes Wort geblieben ist. „Scheißgut“ wäre sicherlich ebenso geflügelt, wenngleich Zweifel bestehen, ob die DDR bei Erscheinen des ersten „Olsenbande“-Films Ende der sechziger Jahre schon für öffentliche Fäkalausdrücke reif gewesen ist.
Welch konterrevolutionäres Potential in der Olsenbande steckte, konnte man 1989 erleben, als die Parolen der Straße auf die nonkonformen Dänen anspielten. „Egon hat´n Plan“ steht auf einem Transparent, das im Herbst ´89 in der Berliner Torstraße (die hieß damals allerdings Wilhelm-Pieck-Straße) bei einer Demo fotografiert wurde. Aus Freiberg stammt ein Graffito mit der Aufforderung „Bildet Olsenbanden!“ Und in Berlin wiederum hieß es: „Egon! Wir sind nicht die Olsenbande!“ Dass Egon Krenz, der natürlich gemeint war, einen Plan hätte, hat er sicherlich gern gehört, und dass er es nicht mit der Olsenbande zu tun hätte, war ihm sicherlich recht.
Verfolgt wurden die Kleinkriminellen in den meisten Filmen rigoros von dem nihilistischen Kommissar Jensen, der formulierte: „Wenn es um die ganz großen Verbrecher geht, gibt es für die Polizei nur eine Aufgabe: ihnen Schutz zu gewähren!“
F.-B. Habel