War die Konkurrenz in Golm zu groß?

Nachdem Anfang des Jahres schon die Poststelle in Eiche hat schließen müssen, hat Anfang März auch der nahkauf in der Kaiser-Friedrich-Straße seine Pforten geschlossen.

Der Parkplatz neben der Kaiser-Friedrich-Straße 97 im Ortsteil Eiche wirkt an jenen Tagen leer und abgelegen. Dies mag wohl nicht nur an der aktuellen Situation liegen, die das Coronavirus mit in unseren Alltag bringt. Es ist in diesem Fall vermutlich die Wechselwirkung der Wirtschaft schuld, die den dort anliegenden Nahkauf zum Schließen seines Geschäftes und somit die Einstellung des Betriebes verursacht hat. Aktuell lässt sich hier momentan nur ein kleines Lebenszeichen seiner früheren Betreiber an der Eingangstür finden: „Wir haben geschlossen!“. Vieles spricht eigentlich dagegen, dass der Supermarkt schließen musste, wie zum Beispiel eine gute Anbindung zu den Hauptverkehrsstraßen von Eiche, viele potentielle Kunden in den umliegenden Einrichtungen der Polizei, in dem naheliegenden Studentenwohnheim und natürlich auch wegen den dortigen Anwohnern. Jene empfinden die Schließung des Marktes scheinbar als schmerzlich, betrachtet man die noch zu findenden Bewertungen in Internetportalen wie Google. Dort erscheinen einem viele Meinungen von ehemaligen Kunden, welche von einem „schönen Markt“, „hilfreichem Personal“ aber auch von „leeren Regalen“ sprechen. Kurz gesagt, trotz scheinbar kleineren Problemen, die von einem Markt dieser Größe zu erwarten sind, erweckt die vormalige Kundschaft den Anschein mehr als zufrieden gewesen zu sein. Dass der Laden von liebevollen und individuellen Ideen geprägt war, sieht man auch auf dem Internetauftritt der Facebook-Seite des Supermarktes. Über Fisch und Fleisch und von Kirschjoghurt bis Butter – was das aktuelle Angebot her gab wurde dort ebenfalls beworben. Nun ist Schluss damit.

Marktwirtschaft oder Fehlkalkulation?

Was genau an dem Misserfolg des nun geschlossenen nahkaufs Schuld ist, ist nicht leicht zu sagen und keinesfalls oberflächlich sofort zu erkennen. „Man muss die Verwobenheit der Ortsteile Eiche und Golm dabei betrachten. Bis vor circa fünf oder sechs Jahren gab es in Golm kein Einzelhandelsgeschäft, und das bei etwa 10.000 Studenten und den wissenschaftlichen Einrichtungen. Ein Pfund Kaffee, eine Tüte Milch oder ein Brötchen waren in diesem Umfeld nicht zu bekommen. Es dauerte fast zehn Jahre, […] um einen Lebensmittelmarkt zu bekommen.“, erklärt der Ortsvorsteher von Eiche, Friedrich Winskowski dem POTSDAMER auf Nachfrage.

Nachdem im benachbarten Golm ein Supermarkt eröffnet wurde, war dies für das vergleichsweise kleine Geschäft in Eiche problematisch, da plötzlich viele Faktoren zusammenspielten, die auf die damalige Inhaberin zukamen. „Das Geschäft lies mächtig nach, ihr Vertrag mit EDEKA lief aus, sie war zu diesem Zeitpunkt 63 Jahre alt und ein neuer Vertrag wäre über die nächsten sieben Jahre möglich gewesen.“ Die  Betreiberin des kleinen Geschäftes sah sich also vor einem großen Risiko, dass sie so nicht eingehen wollte, so Winskowski. Nach der ersten Schließung des Supermarktes, konnte der Ortsvorsteher dann einen „Aktiv Markt“ in Folge von Gesprächen mit EDEKA realisieren, welcher allerdings ebenfalls nach nur einem Jahr wegen wirtschaftlichem Misserfolg aufgegeben werden musste. Ähnliches scheint auch bei dem letzten Inhaber der Fall gewesen zu sein. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit von Lebensmittelgeschäften an diesem Standort scheinen schwierig zu sein. Allein von den in nächster Nähe lebenden Anwohnern scheint ein Geschäft wie nahkauf sich nicht dauerhaft über Wasser halten zu können, fügt  Friedrich Winskowski hinzu. Der zu Fuß nur wenige Minuten entfernte Bahnhof in Golm mit seinem riesigen Konkurrenten REWE, wird für den Konkurrenten Eiche eine Nummer zu groß gewesen sein. Diese Meinung wird dem POTSDAMER von Kathleen Krause (Ortsvorsteherin in Golm) auf Anfrage nahegelegt. Sie erklärt, dass Golm sehr lange auf einen örtlichen Supermarkt warten musste, welcher nun ein verhältnismäßig großes Sortiment bietet und dabei auch die modernen Aspekte, wie einen Lieferdienst zur Verfügung stellt. Dies möge am Strukturwandel und dem allgemeinen Wachstum des Ortes Golm liegen sowie an seinem Wissenschaftsstandort, welcher ebenso in den letzten Jahren an Wichtigkeit gewann und somit neue potentielle Kunden eher in Golm verweilen ließ. Die Besucher des ehemaligen nahkaufs, die trotz bekannter Problematiken scheinbar stets mit einem zufriedenen Gefühl den Laden verließen, seien in der Gegenüberstellung zum REWE-Markt in Golm eher die Minderheit, erklärt Kathleen Krause, die im gleichen Zuge ihr Bedauern für die Schließung des Marktes ausdrückt. Krause ist der Meinung, dass der Standort in der Kaiser-Friedrich-Straße trotzdem ein großes Potenzial hätte. Man könne ihrer Meinung nach dort einen Biomarkt mit interessantem Sortiment installieren, der vielleicht auch mit untypischen Veranstaltungen, wie Show-Cooking oder ähnlichem wirbt. Der Ortsvorsteherin zufolge, bedarf  es ein gutes und neues wirtschaftliches Modell, dass es zuvor dort noch nicht gegeben hat, um erfolgreich zu sein.

Was in der nächsten Zeit als Ersatz für den Supermarkt entstehen soll ist bis jetzt noch nicht klar. Beide Ortsvorsteher sehen die Schließung des Marktes vor allem für die ältere Generation als problematisch. Ihnen fehle es oft an der nötigen Mobilität und stelle somit eine Benachteiligung für sie dar. Der Druck der umliegenden Konkurrenz ist hoch. Eine Investition in dieses Lebensmittelgeschäft ist vermutlich auch für den nächsten Inhaber ein Wagnis. Es benötigt demnach eine innovative Idee, die über den klassischen Supermarkt hinaus geht sowie viel Mut, den Standort wieder für Kunden attraktiv zu gestalten.

KFB