Die Stadt geht lieber eigene Wege – und vergisst Menschen vor Ort

Es ist schon seit Jahren bekannt, dass das Angebot an Kitas, Schulen sowie Sportstätten im Norden und Westen Potsdams der Nachfrage nicht gerecht wird. Ebenso deutlich ist es, dass sich weder die Stadtverordneten noch die Stadtverwaltung ernsthaft darum bemühen, diese unhaltbare Situation zu ändern.
Schon in Bornstedt haben die Stadtverordneten und die Verwaltung demonstriert, wie schön sie am Bedarf der Einwohner vorbeiplanen können. Das Ergebnis: zu wenig Kitas, zu wenig Schulen, kaum Räumlichkeiten für Kultur und kaum Möglichkeiten, Sport zu treiben – weder für Vereine noch für Freizeitsportler.

Plan

Konzept Friedrich-Straße Nord. Grafik: LHP

Große Pläne

Nun sollte das in Golm und Eiche anders werden. Alles begann am 06.11.2015 mit einer ersten Information und einer Steuerungsrunde des Bereiches Stadtentwicklung und des Bereiches Sport der Landeshauptstadt Potsdam(LHP). Ziel dieser Veranstaltung war die Schaffung neuer Sportflächen. Trotz der Tatsache, dass es in den Ortsteilen zu wenig Sportflächen gab, nannte man zwei andere Anlässe für die notwendige Sportflächenentwicklungsplanung der Stadt:
der steigende Flächenbedarf der Universität am Neuen Palais
die Verlagerung der Sportstätten am Neuen Palais aus dem Denkmalbereich des UNESCO Welterbe
Zwei Argumente, die nicht unbedingt deutlich machen, ob es den Verantwortlichen um die Wiederherstellung des alten Zustandes des Welterbes geht oder um neue Sportflächen für die Universität. Davon, dass die Einwohner Eiches und Golms unbedingt Sportflächen brauchen, hörte man leider nichts.
Im Laufe des Entwicklungsprozesses im Jahre 2016 wurden acht Standorte als potenzielle Ersatzflächen in den Ortsteilen Golm und Eiche untersucht. Diese sollten nicht nur genügend Fläche für den Universitätssport bieten, sondern auch den Vereinssport in den Ortsteilen mit neuen Sportflächen versorgen. Die beiden Ortsbeiräte einigten sich schnell, dass kein doppelter Bau von Sportstätten stattfinden sollte. So sollten die Sportarten Fußball und Tennis nach Golm, Rugby und Baseball nach Eiche „ziehen“. Andere Bereiche für Freizeitaktivitäten, wie z.B. ein Bolzplatz und Räumlichkeiten für den Seniorensport sollten wegen der großen Nachfrage an beiden Standorten angeboten werden.

Konzept Kuhforter Damm. Grafik: LHP

Nach Freude folgt Enttäuschung

Die neuen Sportanlagen sollten für Golm und Eiche nicht nur ein Appendix des Universitätssportes sein, sondern zur Integration der wachsenden Ortsteile dienen. Daher sollten die neuen Sportflächen sowohl von der Universität, den Vereinen und den Freizeitsportlern in gleichem Maße genutzt werden können.
Das Ergebnis der potenziellen Standortanalyse war eindeutig:
1. sollte der Ausbau der Sportanlagen in Golm erfolgen
2. in Eiche sind die brachliegenden Flächen der Landespolizei für die benötigten Sportflächen bestens geeignet
In einem im März 2017 von der LHP durchgeführten Beteiligungsverfahren wurden die Ergebnisse vorgestellt. Ortsbeiräte und Bürger von Golm und Eiche waren zufrieden. Dann kam die Ernüchterung: Am 22.01.2018, im Rahmen der Beratung der Ortsvorsteher mit dem Oberbürgermeister, wurden die Investitionen der Ortsteile besprochen. Hier wurde für den Ortsteil Neu-Fahrland eine 6-stellige Summe für den Neubau von Sportanlagen für Baseball und Rugby ausgewiesen. Von Sportanlagen in Eiche keine Spur.

Neue Pläne ohne Bedarf

Statt die neuen und bereits vorgestellten Sportflächen in Eiche in Angriff zu nehmen, wurde ein Ausbau der Sportflächen in Neu-Fahrland festgelegt. Hier sollten Vereine bzw. Sportarten ihr neues Zuhause finden, die dort gar nicht hin wollten. Auch die Ortsvorsteherin von Neu-Fahrland, Dr. Carmen Klockow (Bürgerbündnis), wollte dieses Nutzungskonzept der Sportanlage nicht und wurde in die Planungen der Stadt auch nicht einbezogen.
Der Leiter des Bereiches Familie, Freizeit und Sport, Torsten Gessner, hat, ohne den Ortsbeirat von Eiche zu informieren, diese für niemanden nachvollziehbare Entscheidung getroffen. Auf Nachfragen wurde nur angeführt, dass für das Innenministerium Brandenburg auf dem Gelände Kaiser-Friedrich-Straße, auf dem die neuen Sportflächen entstehen sollten, ein weiterer potenzieller Bedarf an Flächen und Räumlichkeiten bestünde. Im Innenministerium findet sich jedoch kein Ansprechpartner, der diese Aussage bestätigt.
Ein weiterer Grund für die Nichtschaffung öffentlicher Sportflächen soll sein, dass das Wissenschaftsministerium nicht bereit sei, zusätzliche Kosten über den Bedarf der Sportstätten für die Universität hinaus zu übernehmen. Das sollte Potsdam auch alleine leisten. Ich stelle mit Bedauern immer wieder fest, dass an den Bedarfen und Interessen der Bürger vorbei Sportstätten geplant und verlegt werden, wie es der Verwaltung gefällt. Es entsteht der Eindruck, dass unsere sportpolitischen Akteure der Verwaltung den Bürger hintenan stellen.

Verwaltung ignoriert Einwände

In einem Gespräch mit Daniel Keller (SPD), stellv. Vorsitzender im Ausschuss Bildung und Sport, wurde die Entscheidung, in Eiche keine neuen Sportflächen entstehen zu lassen noch einmal diskutiert. Leider zeigte sich auch dieser wenig sachkundig, verständnisvoll und einsichtig. Das Vertreten von Bürgerinteressen sieht anders aus.

Winfried Winskowski, Ortsvorsteher von Eiche