Habichtwiese erhält UN-Dekade der biologischen Vielfalt

Familien sitzen auf Gras und finden sich in lebhaften Gesprächen wieder. Nach und nach kommen weitere Menschen und setzten sich dazu. Kinder laufen fröhlich durch den Garten und klettern auf ihre selbstgebauten Hütten oder bestaunen in sicherer Entfernung die Bienenvölker, die durch die Luft um ihren Bienenstock herumschwirren.
Im Norden des Stadtteiles Bornstedt erstreckt sich nur wenige Minuten Fußweg von der Potsdamer Straße entfernt auf etwa 6.000 m² die Habichtwiese. Von allen Seiten der Wiese spürt man ein Gefühl der Ruhe und Freundlichkeit. Die Stimmung wirkt locker und familiär. Dieses Gelände mit dem echten ‚Dorf-Feeling‘ bietet Platz für Aktivitäten für Familien mit Kindern und ist mittlerweile die Heimat von zahlreichen Pflanzen- und Insektenarten geworden. Aus diesem Grund wurde die Habichtwiese am 13.09.2020 als eines von 200 Projekten in Deutschland mit der UN-Dekade der biologischen Vielfalt ausgezeichnet.

Natürlich wild heißt des Geheimnis für eine gesunde Artenvielfalt

Natürlich wild heißt des Geheimnis für eine gesunde Artenvielfalt

Zwischen Bienen und Bauwagen

Die Vereinten Nationen verfolgen mit der UN-Dekade der biologischen Vielfalt die Idee, Menschen in verschiedenen Ländern das Thema der Artenvielfalt und der Biodiversität nahezubringen und dafür zu sensibilisieren. Auch in Deutschland wird aufgrund der aktuellen Klimaveränderung der Reichtum an Tier- , Pflanzen- und Insektenarten immer geringer. Projekte, die dagegen vorgehen und mit ihrem Handeln für eine breitere Vielfalt sorgen und Naturräume bewahren, können mit der UN-Dekade ausgezeichnet werden. Diese wird seit 2011 jährlich in Deutschland vergeben. Wer die Auszeichnung erhält, darf sich für zwei Jahre „ausgezeichnetes UN-Dekade-Projekt“ nennen. Das darf jetzt auch die seit 2015 existierende Habichtwiese, die von dem Verein StadtrandELFen e.V. betreut wird.

Beigeordneter Rubelt mit einigen Vertretern des Stadtparlaments sowie Mitgliedern und Unterstützern des Vereins

Der Verein umfasst neben vielen spontanen Helfer*innen etwa zwanzig Mitglieder, die sich um die Wiese kümmern, wobei das Wort ‚Mitglieder‘ hier sehr locker verwendet wird. Es wird versucht, alle bürokratischen Hindernisse so klein wie möglich zu halten und die nötigen Formalitäten auf ein Minimum zu reduzieren. So kann jeder vorbeikommen und ohne großen Aufwand ein Mitglied des Vereins werden, für nur einen Euro im Monat! „Hauptsache die Leute haben Ideen“, sagt der Schatzmeister des Vereins, Frank Hübner, dem POTSDAMER im Gespräch. Vieles laufe hier spontan ab, fügt Hübner hinzu. Als man das Projekt, welches unter anderem auch von der Stadt Potsdam sowie von weiteren städtischen Unternehmen gesponsert wird, auf der Habichtwiese begonnen hat, habe man sogar versucht, alles ohne Motorkraft, also von Hand, zu bewirtschaften – eine schweißtreibende Herausforderung.

Hier kommt er her, der Stadtrand-Honig

Hier kommt er her, der Stadtrand-Honig

Heute geht es darum, natürliche Freiräume zum Anfassen für Groß und Klein zu schaffen. Auf der Habichtwiese finden zahlreiche Projekte statt – so zum Beispiel auch die ‚Stadt der Kinder‘. Ein handwerkliches Projekt, bei dem Kinder unter Anleitung kleine Hütten aus Holz bauen können – von der Planung bis zum Anpacken mit Hammer und Nagel. Diese und alle anderen Häuschen, die man auf der Wiese findet, verbindet etwas ganz Besonderes: Sie haben alle kein Fundament. Sie stehen eher auf dem Fuße einer guten Idee, sind aber trotzdem oder gerade deswegen sehr stabil.

Neben den Hütten der Kinder findet man einen kleinen Bauwagen, der als Küche dient und das Zentrum der Habichtwiese bildet. Das alles ist umgeben von einigen Bierbänken mit Zeltüberdachungen und einer kleinen Feuerstelle für ein Lagerfeuer sowie eine etwas abseits stehende Kompost-Toilette. Diese Bereiche sowie vieles andere entstehen hier aus spontanen Ideen und Projekten – nach dem altbekannten Motto „Alles kann. Nichts muss.“. Im hinteren Bereich der Wiese befindet sich ein kleiner Garten, auf dem Gemüse verschiedenster Sorten wächst. Ein kleines Highlight ist der Bienenstock mit seinen 15 Bienenvölkern, die den bekannten Stadtrandhonig produzieren. Die letzte Honigernte resultierte in der erstaunlichen Menge von 200kg.
Wer die Habichtwiese besucht, darf kein ausgeklügeltes Biologieprojekt zur Arterhaltung mit tief wissenschaftlichem Ansatz erwarten. Vielmehr ist es ein Raum für alle, die dem Alltag der Stadt mit ihrer Hektik entfliehen wollen und Lust auf Natur und interessante Projekten haben.

kb