Grundwasserneubildung staatlich fördern – Ein Aufruf von Rainer Dallwig

Der Groß Glienicker See ist ein schönes Stück Heimat, ein beliebtes Ausflugsziel und ein faszinierender Ort, Natur zu erleben. Viel wurde zu Beginn der 1990er in die Verbesserung der Wasserqualität investiert, das Wasser des Sees ist heute wohl das reinste in Berlin und Brandenburg. Vieles wurde unternommen, um den Anfang der Neunzigerjahre eutrophierten See mit sehr schlechter Wasserqualität zu sanieren (Der Groß Glienicker See, Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz (Hrsg), Berlin, April 2011).
Wasserzuflüsse, die erhebliche Nährstoff-Frachten mit sich führten sind seit nun gut 10 Jahren gestoppt. Zahllose private Einleitungsbauwerke (siehe Wassmann-Bericht 2008, Seeuferkartierung Berlin 2008 im Auftrage der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Berlin 2008), die Rieselfelder, die Ortsentwässerung Groß Glienicke 2010 und die Regenwasserfassung am Flugfeld Gatow führten einerseits zu einer nachhaltigen Verbesserung der Wasserqualität, aber andererseits zu einer deutlichen Reduktion der Zuflüsse. „Besser weniger, aber nährstoffarmes Wasser, als von Algen grünes Wasser!“ (Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Berlin, April 2011).

Der Groß Glienicker See ist ein Lebensraum mit besonderer Qualität für Pflanzen, Tiere und Menschen, der geschützt werden muss

Der Groß Glienicker See ist ein Lebensraum mit besonderer Qualität für Pflanzen, Tiere und Menschen, der geschützt werden muss
Fotos: Rainer Dallwig

Und doch schwebt ein Damoklesschwert über dieser Idylle. Der Wasserspiegel sinkt unaufhörlich, das Ufer verlandet und es gibt keinen Plan, das Austrocknen des Sees zu stoppen.
Schnell haben wir den Schuldigen ausgemacht: Es ist der Klimawandel. So als gäbe es überhaupt keine Idee, kein Fünkchen Hoffnung schauen wir dem Verschwinden dieser Idylle einfach zu. Hier und da macht mal einer darauf aufmerksam, ja, und manchmal wird das Verbot der privaten Wasserentnahme als Lösung gefeiert, aber so richtig „Heureka – das ist die Idee!“, hat noch niemand gerufen.

Gehört dieses Bild bald der Vergangenheit an?

Heute, im Februar 2021, nach zwei äußerst trockenen und heißen Sommern 2018 und 2019 können wir förmlich zusehen, wie der Wasserspiegel sinkt und das Ufer verlandet. Nach Angaben des Berliner Umweltstaatssekretärs, Stefan Tidow, ist die natürliche Grundwasserneubildung um 25 Prozet gesunken. Daneben gibt es den „Strukturwandel in der Abwasserentsorgung“ (Berliner Morgenpost „Groß Glienicker See schrumpft – aber getan wird nichts“, 02.12.2020), durch den die Gebiete um den Groß Glienicker See durch Kanäle erschlossen wurden. Diese Ableitung von Niederschlagswasser stört die Grundwasserneubildung erheblich.
Es ist die geringe Grundwasserneubildung, die das hydrogeologische System am meisten in Schieflage bringt. Die Paläontologin Patricia Göbel sagt dazu: „Alle Gewässer im Berliner Raum sind irgendwie unterirdisch über das Grundwasser verbunden. Es ist kaum möglich, den Wasserspiegel eines einzelnen Sees anzuheben“ (PD Dr. Patricia Göbel, Institut für Geologie, Paläontologie und angewandte Geologie an der Universität Münster, Expertenbefragung Januar 2021). Das Problem ist nur gesamtheitlich zu lösen, „es fehlt ja aufgrund des Klimawandels die Grundwasserneubildung“ sagt Göbel.

Die Idylle trübt…

Es ist nicht so, als wäre das noch nicht in die Politik durchgesickert. Bereits 2005 formulierten die ersten Wassergesetze der Bundesländer ein Versickerungsrecht, welches allmählich in die kommunalen Vorschriften vorgedrungen ist. Seit kurzem gibt es eine gesetzliche Verpflichtung der Bauherren neu gebauter Gebäude, Regenwasser auf dem Grundstück zu versickern. Das gilt für die meisten Bundesländer, die das in ihren Wassergesetzen regeln. Das ist ein guter Anfang und eine notwendige Wende in unserer Wasserbewirtschaftung.
Was ist aber mit dem Gebäudebestand und den bereits versiegelten Flächen, Verkehrsflächen und der öffentlichen Infrastruktur? Die werden immer noch überwiegend über die Kanalisation entwässert. Und zwar so lange, bis das mal jemand ändert. Bis wir das ändern – so geht ja Politik.
„Grundsätzlich macht es immer Sinn, das anfallende Regenwasser direkt auf dem eigenen Grundstück zu versickern und damit die Grundwasserneubildung vor Ort zu unterstützen“, so die Paläontologin Göbel.
Wenn wir Grundwasserneubildung richtig ernst nehmen, dann müssen wir ein staatlich gefördertes Umrüstungsprogramm für Hauseigentümer und Eigentümer versiegelter Flächen politisch durchsetzen. Die Ableitungen in die Kanäle muss unterbrochen werden und das Wasser muss mit geeigneter Versickerungstechnik (Sickerpackungen, Rigolen etc.) am Ort des Niederschlags versickert werden. Versiegelte Flächen müssen entsiegelt werden und wasserdurchlässig umgebaut werden.
Hier können wir nicht „fordern“ und „hinweisen“. Hierfür muss es einen finanziellen Anreiz, eine Motivation geben und das Gefühl, der Sache verpflichtet zu sein.
Der Wasserspiegel braucht eine Lobby. Es ist eine politische Aufgabe, das Problem nicht nur zu beschreiben und Lösungen nicht nur zu fordern. Es müssen Maßnahmen auf politischem Wege beschlossen werden, die zu einer Stabilisierung und einem Anstieg des Wasserspiegels führen werden.
Die Fraktion der CDU Potsdam wirbt auf kommunaler Ebene, auf Ebene der Landespolitik und gemeinsam mit der Bundestagsabgeordneten Dr. Saskia Ludwig für den Anschluß versiegelter Flächen im Alt-Bestand an die Grundwasserneubildung.

Rainer Dallwig