Auch noch nach fast 3 Jahrzehnten klafft in Deutschland eine große Lücke zwischen den Wirtschaftsräumen Ost und West

Weil die Wirtschaftskennzahlen in Ostdeutschland im Schnitt um ein Viertel unter dem Bundesdurchschnitt liegen, beantwortet sich die Frage von selbst, ob es nach einer langen Phase der Anpassung und Transformation auch weiterhin einen separat zu betrachtenden ostdeutschen Wirtschaftsraum gibt. Der Ostdeutsche Unternehmertag nimmt sich dieser spezifischen Problematik an und will die Herausforderungen und Perspektiven des ostdeutschen Wirtschaftsraumes diskutieren und Zukunftsthemen voranbringen.

Diesmal stand der Ostdeutsche Unternehmertag unter dem Thema „Digitale Wende – Chancen und Risiken für den Mittelstand“. Das Thema Digitalisierung ist mittlerweile in allen Unternehmensbereichen angekommen, und nicht nur dort. Unser Alltag wird dominiert von den Entwicklungen entsprechender Technologien und der Verfügbarkeit einer leistungsstarken Infrastruktur.

Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke (SPD) lobt die Entwicklung der Stadt, Potsdam sei mittlerweile als Wissenschaftsstandort für Forschung und Entwicklung, in der Medienbranche sowie in vielen anderen Bereichen eine Nachwuchsschmiede auf internationalem Topniveau und man nehme sich dem Thema der Digitalisierung in vollem Umfang und mit größter Verantwortung an.

Im Rahmen der Veranstaltung präsentierten sich zu diesem Thema auch einige Unternehmen mit ihren auf den Zeitgeist der Digitalisierung zugeschnittenen Angeboten und Entwicklungen. Mit dabei ein Unternehmen, das vor allem durch das Alter seiner Mitarbeiter auffiel, „Medien & Büro – Schüleraktiengesellschaft“, eine Schülerfirma der Gesamtschule Peter Joseph Lenné.

Lehrer Thomas Jandt, Robin Hirschmüller (12. Klasse), Mina Joseph (10. Klasse), Ellen Völkel (10. Klasse), Till Möhring (12. Klasse) stellen ihren Lasercutter vor (v. re.)

Begonnen hat an der Schule alles vor 11 Jahren. Schülern viel auf, dass insbesondere im Bereich der hauseigenen IT teure Arbeiten von beauftragten Fremdfirmen durchgeführt wurden, die man auch mit dem an der Schule vorhandenen Wissen selbst durchführen konnte. Es brauchte wenig Energie, um die Verantwortlichen davon zu überzeugen, aus der vorhandenen Erkenntnis eine Schülerfirma zu gründen, die durch ihre Arbeiten außerhalb der Schulzeiten wirtschaftlich autark operieren konnte. Mehr Anstrengung bedarf es jedoch, diese Idee auch in die Tat umzusetzen – doch auch das gelang. So wurde die erste von heute bis zu sieben Schülerfirmen der Ansprechpartner für die Wartung der schuleigenen IT, die zusammen mit den Fachlehrern durchgeführt wurden.

„Unsere Schülerinnen und Schüler haben mithilfe der Schülerfirmen die Möglichkeit durch den geschützten Rahmen Schule in einem professionellen Umfeld zu agieren und Erfahrungen zu machen, die sonst nirgendwo machen könnten. So bekommen sie die Möglichkeit, sich auszuprobieren und sich zu entwickeln“, so Thomas Jandt, Lehrer für IT und Mitbegründer der ersten Schülerfirma an der Gesamtschule Peter Joseph Lenné.

Heute ist die erste Schülerfirma mit dem Namen „Medien & Büro“ eine „Aktiengesellschaft“, zu deren Angebotspalette mittlerweile weitere Services dazugekommen sind. Wartung und Reparatur von PCs, Vertrieb von Bürobedarf, Druckerpatronen, Tonern und Hardware, Design von Briefköpfen, Logos, Flyern, Roll-Ups und Plakaten, PC-Konfiguration/-vertrieb, Schulungen, Reparatur von Smartphones, Verkauf von Hard- und Software, Produktion von Ersatzteilen mit dem 3D-Drucker & Laser-Cutter sind nur einige der angebotenen Dienstleistungen.

Das Unternehmen besteht aktuell aus 16 MitarbeiterInnen, acht Mädchen und acht Jungen der Klassen 8 bis 13, wobei die meisten aus den niedrigeren Jahrgangsstufen sind. „Wir sorgen immer dafür, dass unsere Erfahrungen und unsere Entwicklungen in der Schule bleiben und geben alles an die nachrückenden Klassen weiter“, sagt Till Möhring, der Vorstandsvorsitzende aus der 12. Klasse. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter erfüllt eine wichtige Aufgabe. So gibt es Verantwortliche für den Bereich Finanzen, Design & Vertrieb, System und Dienstleistungen und viele mehr – eine richtige Firma eben. Ihr Fokus liegt zurzeit darauf, Altglas wiederzuverwenden, zu upcyceln, wie es neudeutsch heißt, indem Teile alter Flaschen und Gefäße mit individuellen Gravuren zu besonderen Gegenständen wie Geschenken u.a. werden. Mittlerweile erhält die „Medien & Büro“ auch Aufträge von der Telekom, deren Glaskaraffen mit dem Lasercutter gebrandet (mit dem Firmenlogo graviert) werden. „Wir möchten gerne das führende Unternehmen für Glas-Upcycling in Potsdam werden“, beschreibt Jandt kurz und knapp das Ziel der Schülerinnen und Schüler.

Götz Friederich, Mitglied des Kuratoriums der IHK-Stiftung Fachkräfte für Brandenburg, spricht mit den Schülerinnen und Schülern und überzeugt sich vor Ort von der positiven Entwicklung des Schülerunternehmens

Selbstverständlich braucht eine gute Idee auch Unterstützung von außen. Die Servicestelle für Schülerfirmen in Brandenburg übernimmt Reise- und Workshopkosten, das Ministerium für Wirtschaft und Energie sorgt für die Bereitstellung von Standflächen auf einigen Messen, der Förderverein der Schule stellt kostenlos die Arbeitsräume zur Verfügung, die Mittelbrandenburgische Sparkasse spendete hochwertige Monitore, die IHK unterstützt einige der Marketingmaßnahmen finanziell, und auch andere Firmen fördern die Aktionen der Schülerfirmen.

„Zurzeit gibt es in Brandenburg ca. 130 Schülerfirmen, damit sind wir führend in Deutschland, und wir haben noch viel Luft nach oben. Jeder, der ein Hobby oder einen Beruf und etwas Zeit hat, kann mit seinem Fachwissen eine Schülerfirma begleiten“, so Jandt.

Wenn sich die Schülerfirmen und damit die Schülerinnen und Schüler selbst so weiterentwickeln, brauchen wir uns um den Wirtschaftsraum Ostdeutschland wohl bald keine Sorgen mehr zu machen, denn schon jetzt zeichnet sich ab, dass Potsdam für Unternehmen sowie für Forschung und Entwicklung ein immer attraktiverer Standort ist, der sich auch im internationalen Wettbewerb behaupten kann. Und die Entwicklung hat erst begonnen.

sts

 

BUs:

  • BU: Robin Hirschmüller (12. Klasse, Mina Joseph, 10. Klasse, Ellen Völkel, 10. Klasse, Till Möhring, 12. Klasse) stellen ihren Lasercutter vor
  • Auch die Telekom konnte bereits als Kunde gewonnen werden
  • Götz Friederich, Mitglied des Kuratoriums der IHK-Stiftung Fachkräfte für Brandenburg, spricht mit den Schülerinnen und Schülern und überzeugt sich vor Ort von die positiven Entwicklung des Schülerunternehmens
  • Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke (SPD) lobt die Entwicklung der Stadt, Potsdam sei mittlerweile als Wissenschaftsstandort für Forschung und Entwicklung, in der Medienbranche sowie in vielen anderen Bereichen eine Nachwuchsschmiede auf internationalem Topniveau und man nehme sich dem Thema der Digitalisierung in vollem Umfang und mit größter Verantwortung an.