Stadt räumt ein, Verkehrsproblem unterschätzt zu haben

Schon seit Jahren weist die in Sacrow ansässige Bürgerinitiative „Schützt Potsdam e.V.“ (www.bipotsdam.de) auf viele Missstände in und um Sacrow hin. Dazu gehören der erfolgreiche Kampf gegen den Verlauf der Flugrouten über Potsdams Norden, für umweltschonende Alternativen zum Bau eines Funksendemastes inmitten des Dorfes, gegen die schlechter werdende Wasserqualität des Sacrower Sees und die Verschlammung des Schiffgrabens als aquatische Verbindung zur Sacrower Lanke, gegen das zu hohe Aufkommen und dramatische Wachstum des Durchgangsverkehrs im Naturschutzgebiet, gegen das fehlende Parkleitsystem und mangelnde Tourismuskonzept für Besucher des kleinen Welterbe-Dorfes sowie viele weitere Themen.
Im Rahmen der Arbeit der BI und des „Beirates der Bürger für Sacrow“ (BBfS) zu den genannten Themen gab es bereits unzählige Ortsbegehungen, Diskussionsrunden und Anhörungen, zähe Verhandlungen, endlose Korrespondenzen sowie zahllose Gutachten, die von Sacrowerinnen und Sacrowern auf eigene Kosten in Auftrag gegeben wurden, um angeprangerte Missstände fachlich zu belegen.

Schon im März dieses Jahres berichtete der POTSDAMER über das Verkehrschaos in Sacrow, das durch falsch geparkte Autos verursacht wurde.<br>

Schon im März dieses Jahres berichtete der POTSDAMER über das Verkehrschaos in Sacrow, das durch falsch geparkte Autos verursacht wurde.
Fotos: privat

Sacrow lockt (zu) viele an

Sacrow ist zwar sehr klein, aber es liegt sehr idyllisch, eingebettet in ein von einer Wald- und Wasserlandschaft geprägtes Naturschutzgebiet. Nicht nur der Sacrower Schlosspark, die Heilandskirche und die sich hier wieder etablierende Gastronomie ziehen bei schönem Wetter an Wochenenden Tausende von Erholungssuchenden an.
Was einerseits ein Zeichen für die Attraktivität des Dorfes ist, bringt andererseits auch Probleme mit sich. Eines, das vor allem in den letzten Sommerwochen wieder sehr deutlich geworden ist, ist der zunehmende Durchfahrtsverkehr und die fehlenden ausgewiesenen Parkflächen für Besucher. Immer häufiger wird die schmale durch Sacrow und nach Berlin Kladow führende Dorfstraße durch falsch parkende Besucher so stark verengt, dass es für Busse, LKW und Rettungsfahrzeuge kein Durchkommen mehr gibt! So musste in diesem Jahr die Polizei die Durchfahrtsstraße bereits sperren und viele Falschparker abschleppen lassen.

Vor Ort-Termin bringt Einsicht

Die Verkehrssituation in und durch Sacrow hat die Potsdamer Stadtverwaltung bisher völlig anders beurteilt. Während diese von einer sehr viel geringeren Belastung ausgegangen ist, zeigten von der BI beauftragte Verkehrsmessungen ein deutlich dramatischeres Bild.
Schließlich ließ sich Potsdams kommissarischer Leiter des Fachbereichs „Mobilität und technische Infrastruktur“, Thomas Schenke, am 16. April dieses Jahres auf einen Vor-Ort-Termin ein, um sich die Situation persönlich anzuschauen.
Schnell wurde deutlich, dass die Parksituation vor allem an Wochenenden tatsächlich ein dramatisches Problem ist. Ebenso war der sehr hohe und oft viel zu schnell fahrende Durchgangsverkehr zwischen Kladow und Potsdam unübersehbar.
„Herr Schenke hat schnell eingesehen, dass die von der Verwaltung bisher beurteilte Situation dringend korrigiert werden muss. Nicht nur das fehlende Parkleitsystem und die wenigen ausgewiesenen Parkflächen für Besucher sind in Sacrow ein großes Problem, sondern auch der wachsende Durchgangsverkehr.
Das hat nun auch die Verwaltung verstanden und angekündigt, unverzüglich Maßnahmen für eine deutliche Verkehrsberuhigung und eine Verbesserung der Besucherlenkung sowie der Parksituation zu schaffen“, fassen die beiden neuen Sprecher des „Beirates der Bürger für Sacrow“ Franziska Freund und Achim Haid-Loh, den Vor-Ort-Termin mit Schenke im Gespräch mit dem POTSDAMER zusammen.

Die Polizei hatte schon im März dieses Jahres viel zu tun. Sie musste die Straße durch Sacrow für mehrere Stunden absperren und einige Autos abschleppen lassen.

Die Polizei hatte schon im März dieses Jahres viel zu tun. Sie musste die Straße durch Sacrow für mehrere Stunden absperren und einige Autos abschleppen lassen.

Erste Maßnahmen definiert

Auf Basis der zusammengefassten Beobachtungen vor Ort entwickeln zurzeit Mitarbeiter des zuständigen Fachbereichs einen Maßnahmenkatalog, der zeitnah zur Beseitigung der negativen Entwicklung in Sacrow führen soll.
„Es hat uns sehr gefreut, dass man in der Verwaltung nun endlich die Notwendigkeit erkannt hat, schnell mit entsprechenden Maßnahmen handeln zu müssen, um ein weiteres Verkehrschaos zu vermeiden“, äußert sich Haid-Loh, der auch seit Jahren im Vorstand der Bürgerinitiative aktiv ist, zuversichtlich. Trotzdem warte er noch auf den versprochenen zweiten Begehungstermin, bei dem die Verwaltung ihre konkreten Ideen vorstellen will, um der Situation Herr zu werden.
Laut Haid-Loh habe Schenke spontan schon vor Ort einige Möglichkeiten ins Auge gefasst.
So soll eine deutlichere und verstärkte Beschilderung mit Parkverbotsschildern und neuen ausgewiesenen Parkflächen das Falschparken reduzieren. Diese und andere Maßnahmen wie die Pflanzung zusätzlicher Alleebäume und das Anbringen weiterer notwendiger Hinweisschilder, die der Verkehrssicherheit dienen, würden derzeit von dem Fachbereich auf ihre technische und juristische Umsetzbarkeit hin geprüft, heißt es.
Ende Juli ist im Ortsbeirat auch ein Treffen mit dem Revierpolizisten und dem Revierförster geplant, bei dem unter anderem die Besucherlenkung im Königswald und rund um den Sacrower See ein Thema sein wird.
„Dass es langsam zu dem notwendigen Umdenken in der Verwaltung kommt, freut uns selbstverständlich sehr. Nur helfen die vielen Absichtsbekundungen und umzusetzenden Maßnahmen nichts, wenn nicht auch die entsprechenden Kontrollen durch das Ordnungsamt in der benötigten Häufigkeit vor Ort stattfinden“, so Haid-Loh. Auch die akute Waldbrandgefahr durch die anhaltende Trockenheit der letzten Wochen sei angesichts der Touristenströme ein nicht zu unterschätzendes Risiko – erst vor Kurzem musste die Freiwillige Feuerwehr in Sacrow am Wochenende ausrücken und nächtliche Brandherde eindämmen, ehe größere Waldflächen gefährdet wurden.
Potsdams Baubeigeordneter, Bernd Rubelt, hatte bereits angekündigt, dass das Ordnungsamt nun auch vermehrt Kontrollen an den Badeseen – vor allem im Potsdamer Norden – durchführen werde. Einige hundert „Knöllchen“ seien auch schon ausgestellt worden.

sts