Warum ein Verein genau das Gegenteil tut – und dann auch noch mit Kindern

Wer viel Geld hat, spricht darüber nicht. Und wer wenig Geld hat, spricht darüber auch nicht. Und überhaupt spricht man in unserer Gesellschaft nicht so gerne über Geld, und wenn, dann kaum über das eigene. Was steckt hinter dieser Konvention? Warum sprechen wir nicht über unser Geld, sondern lieber über viele andere Dinge? Mit ein Grund ist vermutlich, dass wir uns mit dem Thema nicht so gut auskennen. Das zumindest glaubt Fabian Lehmann, Coach für finanzielle Fragen und Mitbegründer des „Förderung für KIDZ und Eltern e.V.“.

Das Sparschwein mit vier Kammern schult Kinder im vorausschauenden Umgang mit Geld.
Fotos: sts

Lernen kommt von Sprechen

„Als Verein ist es unser Ziel, den Kindern unterschiedliche Fertigkeiten zu vermitteln. So schulen wir sie in dem Bereich der gewaltfreien Kommunikation, dem nachhaltigen Umgang mit vielerlei Ressourcen, dem verantwortlichen Umgang mit Geld und vielem mehr.
Die finanzielle Bildung ist dabei mein spezieller Fokus. Die Bedeutung von Geld zu erlernen, hat einen wesentlichen Einfluss auf unser Konsumverhalten. Das gilt für Kinder und Erwachsenen gleichermaßen. Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem, was wir wollen und dem, was wir brauchen. Nach dem dringenden Bedürfnis von Besitz kommt oft eine klare Ernüchterung, weil sich das Gefühl, das man sich durch die Anschaffung erhofft hat, nicht einstellt oder nicht lange bleibt. Hinzu kommt, dass viele Menschen es verlernt oder gar nicht erst gelernt haben, dass man heute schon an morgen denken muss, oder was es heißt, auf etwas zu verzichten, um sich zu einem späteren Zeitpunkt etwas Wertvolleres und Nützlicheres leisten zu können. Aus diesem Grund ist es wichtig, den Kindern möglichst früh und spielerisch einen Weg zu vermitteln, wie man mit seinem eigenen Geld verantwortungsvoll umgeht“, beschreibt Lehmann den Ansatz der finanziellen Bildung.
Wer über Geld spricht, tauscht sich aus. Und wer sich austauscht, lernt etwas. Man kann also nur dazulernen, wenn man über Geld spricht, ist Lehmann überzeugt.

Die engagierten Mitglieder des Vereins (v.l.n.r.: Ramon, Thomas, Fabian und Andreas) organisierten die Müllsammelaktion am Groß Glienicker See.

„In meinem beruflichen Alltag erlebe ich es täglich, welche Schwierigkeiten viele Menschen im Umgang mit Geld haben. Um ihnen helfen zu können, spreche ich mit den Menschen erst einmal über Ihre Ziele und Wünsche, bevor wir auf das Thema Geld eingehen. Um die Menschen optimal beraten zu können, muss ich sie und ihre Beweggründe verstehen.“
Ähnlich ist es bei dem Lernansatz für Kinder, bei dem der Verein unterschiedliche Materialien einsetzt. Mit dabei ist das Sparschwein mit vier getrennten Kammern. Jeweils eine zum „Ausgeben“, zum „Sparen“, zum „Investieren“ und eine für die „gute Tat“. So lernen die Kinder, ihr Geld zielorientiert einzuteilen. Neben dem Geld, über das sie spontan und frei verfügen können, lernen Sie, etwas für zukünftige Projekte zur Seite zu legen. Die vierte Sparkammer jedoch schult die Kinder in einem ganz anderen Bereich, nämlich dem der sozialen Verantwortung. Und mal Hand aufs Herz, wer von Ihnen legt Geld zur Seite, um damit einem anderen helfen zu können? Vermutlich die wenigsten.
Den Vorwurf, er würde sich als Finanz-Coach mit seinem „Engagement“ nur Kunden heranziehen, kennt Lehmann nicht. „Was wir tun, tun wir ausschließlich für unsere Kinder. Finanzielle Hintergedanken haben bei unserer Vereinsarbeit nichts zu suchen – und darauf achten wir ganz besonders. Unsere beruflichen Erfahrungen allerdings bringen wir ganz bewusst in unsere Kurse und Projekte mit ein. Denn in meinem beruflichen Alltag begegnen mir immer wieder Menschen, die im Umgang mit Geld nicht geübt sind. Die wenigsten können darüber offen sprechen. Wenn wir also den Kindern schon früh einen selbstverständlicheren und verantwortungsvollen Umgang mit Geld auf den Weg geben können, zahlt sich das für sie im doppelten Sinne aus. Was dann die Kinder mit ihrem Geld machen, das entscheiden sie schließlich allein und eigenverantwortlich – auch das gehört zum Lernen im Umgang mit Geld dazu“, sagt Lehmann.

Die jungen Naturschützerinnen (v.l.n.r.: Flora, Charlotte, Dana, Emma) engagieren sich u.a. gegen Plastikmüll in den Meeren und entwarfen extra für den Umwelttag am See ein Plakat und hielten einen Vortrag zum Thema.

Breites Angebot

Gegründet wurde der Verein vor zwei Jahren mit der Idee, vorhandene Kernkompetenzen zu bündeln und Kindern zur Verfügung zu stellen. Dabei sind die Kinder jedoch nicht die einzige Zielgruppe. Vor allem die Eltern sind es, die die Entwicklung der Kinder maßgeblich prägen. Ebenso werden Lehrer und Erzieher von den Angeboten des Vereins angesprochen und binden diese regelmäßig in den Schul- und Kita-Alltag ein. Aufgrund der Corona-Bestimmungen konnten die Kurse des Vereins nur sehr reduziert wahrgenommen werden. Jetzt steigt die Nachfrage wieder.
Der Verein bietet neben dem Umgang mit Geld Themen wie gewaltfreie Kommunikation, Ernährungscoaching, Umweltschutz und andere an.
„Kinder fungieren innerhalb der Familie oft als Multiplikatoren für Nachhaltigkeit, indem sie auch bei ihren Eltern ein neues Bewusstsein und Wertesystem schaffen. Kinder bringen Nachhaltigkeitsthemen von der Schule nach Hause und bewegen Eltern dazu, sich neu auszurichten“, beschreibt Lehmann die Erfahrung, die auch er zuhause gemacht hat.
„Die Natur braucht den Menschen nicht, der Mensch aber die Natur“, lautet ein Leitsatz des Vereins. Aus diesem Grund möchte er mit gutem Beispiel voran gehen. „Kinder machen nicht unbedingt das, was man ihnen sagt, sondern das, was man ihnen vormacht“, ist Lehmann der Meinung. „Wenn wir als Familie mit unseren Kindern unterwegs sind, haben wir immer eine Tüte dabei, um Müll aufzusammeln. Unser Sohn ist dann immer ganz stolz, wenn er wieder etwas findet. Wenn Pfandflaschen oder Pfanddosen dabei sind, spart er das Geld in seinem Sparschwein. Dadurch wecken wir unterschiedliche Kompetenzen auf einmal: den Umweltschutz, den Umgang mit unseren Ressourcen und den Umgang mit Geld.“

Mit der Sensibilisierung für den Umweltschutz kann man gar nicht früh genug anfangen. Juri ist in Sachen Mülleinsammeln schon ein ganz Großer.

Hilfe in Not

Kindern und Eltern in Notsituationen mit Sach- und Geldmitteln schnell helfen zu können, ist dem Verein ein ebenso großes Anliegen, wie die Hilfe und Unterstützung durch Wissenstransfer. So konnte man im vergangenen Jahr einer Familie mit vielen Sach- und Geldspenden helfen, deren Wohnung kurz vor Weihnachten durch einen Brand buchstäblich in Trümmern lag.
Ebenso schnell engagierte sich der Verein für den einjährigen an Leukämie erkrankten Mats mit einem deutschlandweiten Aufruf, sich bei der Knochenmarkspendendatei registrieren zu lassen. Parallel sammelte der Verein weitere Sach- und Geldspenden ein, um der Familie zu helfen. Mittlerweile wurde für Mats ein Spender gefunden, und es geht ihm wieder besser.

Ein weiteres Projekt, an dem der Verein aktuell arbeitet und das 2024 angeboten werden soll, ist das „Camp der Begegnung“.
In einem Feriencamp sollen Kinder mehrere Tage lang in der Natur unter Aufsicht und mit erfahrenen Kursleitern gewaltfreie Kommunikation, Entspannungsübungen durch Kinder-Yoga sowie interkulturelle Kompetenzen erlernen und mehr über gesunde Ernährung erfahren. Und auch hier wird das Vormachen und die Unterstützung beim Nachmachen im Fokus stehen.
Mehr zu dem Verein und wie Sie dessen Arbeit unterstützen können, erfahren Sie auf: https://www.förderung-für-kids-und-eltern.de

sts