Ältestes Gebäude Potsdams bald wieder im alten Glanz

Es ist ein ungewöhnlicher Anblick, wenn man sich die „neue“ Fassade der Groß Glienicker Dorfkirche anschaut. Was noch im vergangenen Jahr unter einem sandfarbigen Rauhputz versteckt war, erblickt heute wieder das Licht der Welt und zeigt deutlich Zeitzeugen der Entstehungsgeschichte.

Deutlich sind die beiden Bauabschnitte zu sehen, unten die Feldsteine mit den zugemauerten Fenstern.
Fotos: Paul Neumann

Die um 1250 erbaute Dorfkirche in Groß Glienicke wird bereits im Inneren seit Jahrzehnten sehr aufwendig dank großer Spenden und öffentlicher Gelder restauriert. Nun hat man sich im vergangenen Jahr der Fassade angenommen. Dabei war jedoch nicht beabsichtigt, den Außenputz zu erneuern, sondern diesen abzutragen. Idee dahinter war die Sichtbarmachung der Kirchengeschichte in ihrer Erbauung.

Ein Schachbrett als Beweis

Die mittelalterliche Feldsteinkirche wurde auf dem damals höchsten Punkt des Dorfes errichtet. Über deren Ausstattung ist allerdings kaum etwas überliefert. Der mittelalterliche Saalbau besaß noch keinen Turm, hatte eine niedrige Holzbalkendecke und lediglich zwei nördliche Eingänge, die Priesterpforte und die wesentlich niedrigere Leutepforte, die für die Bauern und Nicht-Adligen vorgesehen war.

Ein etwa 35 x 44 cm großer „Schachbrettstein“, bis heute der einzig bekannte westlich von Berlin, an der ehemaligen Priesterpforte, deutet auf den Zeitraum des Baues im Mittelalter hin. Der Stein, dessen Schachbrettmuster mittels eines chemischen Verfahrens in den Stein geätzt wurde, ist als Eckstein links an der Priesterpforte gesetzt worden und ist neben der Kirche selbst das bedeutendste mittelalterliche Denkmal des Ortsteils.

Der große Umbau

Der Gutsherr und Kirchenpatron, Hans Georg III. von Ribbeck (1639 – 1703), baute Ende des 17. Jahrhunderts die mittelalterliche Kirche, ergänzt um eine Familiengruft, im Stile der Spätrenaissance und des frühen Barocks um. Die ursprüngliche Höhe des Feldsteinkirchenbaus ist sehr gut von außen sichtbar, denn sie war lediglich um zwei Bau-Reihen höher als die heute zu erkennende Feldsteinwand. Hans Georg III. hatte diese beiden Reihen im Rahmen der Aufstockung runternehmen lassen, bis er auf stabiles Mauerwerk stieß und später wieder ins Mauerwerk neben Backsteinen einbauen lassen. Den ursprünglich 40 cm tiefer liegenden Boden hob er im Rahmen der Gruftaushebung an und verlegte ihn wieder mit den Originalsteinen.

Von außen an der Südseite der Kirche gut erkennbar sind die zugemauerten Originalfenster der gotischen Feldsteinkirche. Die großen von Hand Georg III. eingebauten Chorbogenfenster sind Elemente des Frühbarock und sollen mehr Tageslicht auf die damals noch weiter im Innern der Kirche stehende Kanzel und den Altarraum werfen. Im Anschluss an die Aufstockung erfolgte die Verputzung des neuen Mauerwerks, in dem sich unterschiedliche Baumaterialien wie zuvor abgetragene Feld- wie auch Backsteine wiederfanden. Der heute noch leicht gelblich wirkende Putz ist auf den Natursteinen schon trocken und dadurch heller als auf den Backsteinen. Neben der einstigen und heute zugemauerten Leutepforte fand man bei der Fassadensanierung noch ein zugemauertes gotisches Fenster, das man wieder öffnete, um die in der Turmhalle eingebaute Sakristei mit Tageslicht zu versorgen und belüften zu können.

Der heutige Haupteingang der Kirche befindet sich auf der Westseite des Gebäudes. Hier gelangt man durch den von Hans Georg III. von Ribbeck 1679 geschaffenen 3,5 Meter langen Vorraum, der zum Kirchensaal von einer dicken und tragenden Fachwerkwand getrennt und über dem der Kirchturm errichtet wurde.

Auch auf der Ostseite der Kirche befindet sich eine Tür. Mitte des 19. Jahrhunderts baute die Familie Berger-Landefeld diese Tür hinter dem Altar als Eingang für die Patronatsherren-Familie ein. In der Zeit vor der sowjetischen Besatzung war diese Tür noch begehbar. Sie wurde Anfang der 1980er Jahre, als die Außenfassade zum Schutz vor weiterem Verfall mit Rauhputz durch eine Nach-Feierabend-Brigade versehen wurde, zugemauert. Zeitgleich erfolgte die Anbringung des Simses und der Dachrinnen und Fallrohre, die es bis dahin an der Kirche nicht gab. Im Rahmen der Fassadensanierung wurde diese Tür wieder freigelegt und soll auch noch in diesem Jahr restauriert werden, weil sie zur Baugeschichte der Kirche gehört. Sie bleibt allerdings weiterhin verschlossen.

„Die gestalterische Kraft der mitteldeutschen Spätrenaissance im Übergang zum Frühbarock vereinen sich hier in dieser Dorfkirche zu einem herausragenden Beispiel lutherischer Orthodoxie“, heißt es im vierten Buch des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege der Stadt Potsdam treffend. Ein wahres Juwel Potsdamer Geschichte.

Im nächsten Teil zur Kirchengeschichte erfahren Sie mehr über die Symbolik des Schachbrettsteins, die Entstehung des Kirchenturms und woher die bleiverglasten Fenster stammen. sts