Prinz Edward, Duke of Edinburgh, besucht das Alexander Haus in Groß Glienicke

Das „Alexander Haus“ war einst das Sommerhaus des jüdischen Arztes Alfred Alexander und seiner Familie, die 1936 vor den Nazis nach England floh. Vor zehn Jahren begannen in England lebende Nachfahren der Familie Alexander und Bürger aus Groß Glienicke und Berlin damit, das Haus umfangreich zu restaurieren. Heute präsentiert es sich in alter Pracht und ist Kern internationaler Austausch- und Begegnungsprojekte, die der Alexander-Haus Verein ins Leben gerufen hat.
Im Rahmen seiner Deutschlandreise besuchte Prinz Edward, Duke of Edinburgh, am 23. Mai dieses Jahres das Alexander Haus im Potsdamer Ortsteil Groß Glienicke.
Prinz Edward, der jüngste Bruder von König Charles III., sei „eines der wenigen aktiven Mitglieder der Königsfamilie und dürfe – trotz nur auf Platz 13 der Thronfolge – den König bei offiziellen Terminen und bei der Ausübung seiner Amtsgeschäfte vertreten, was neben Königin Camilla nur die Top vier Erwachsenen in der Thronfolge dürfen“, verriet die Königshausexpertin Julia Melchior im ZDF.
Grund der diesjährigen Deutschlandreise Prinz Edwards waren Preisverleihungen im Rahmen des Duke of Edinburgh´s International Award. Der Duke of Edinburgh´s International Award ist ein Programm, das von Prinz Edwards Vater, Prinz Philip († 9. April 2021) ins Leben gerufen wurde. Dieser Award ist „ein Rahmen für nicht-formale Bildung, der Jugendliche und junge Erwachsene motiviert, sich außerhalb des Klassenzimmers in den Bereichen Ehrenamt, Sport, Talente und Expeditionen selbstbestimmt herauszufordern und eigenverantwortlich bestmöglich zu entwickeln. Über die Teilnahme am Programm erfahren junge Menschen Selbstwirksamkeit, entdecken Stärken und Potentiale und erleben sich als wirksame Akteure“, heißt es von Seiten des ‚The Duke of Edinburgh’s International Award – Germany e.V.‘.
Der Besuch des Alexander Hauses war jedoch kein zufälliger, verrät Moritz Gröning, Mitglied des Vorstandes des Alexander-Haus e.V., im Gespräch mit dem POTSDAMER.

Das Alexander Haus

Die Absicht des Alexander-Haus Vereins ist es, die außergewöhnliche Geschichte des Alexander Hauses zu nutzen, um Menschen aus verschiedenen Kulturen und Religionen, sowohl innerhalb der deutschen als auch der europäischen Gesellschaft, mit einer globalen Perspektive zusammenzubringen. Die Vision des Vereins ist es dabei, einen Dialog zu schaffen und eine widerstandsfähige, lebendige und tolerante Gesellschaft aufzubauen – heute und in Zukunft.
Und hier überschneiden sich die Interessensgebiete. Auch Prinz Edward setzt sich stark für die Bildung junger Menschen ein und fördert deren Austausch mit Erwachsenen. Auch der Austausch untereinander in Fragen der Religion seien für den Duke von Edinburgh wichtig, heißt es.
„Vom ersten Tag an haben hier Menschen aus dem Ort, der Region und aus England zusammengearbeitet. Diese seit nun mehr als zehn Jahre andauernde sehr enge Zusammenarbeit hat Aufmerksamkeit auch in der britischen Botschaft in Berlin und in der Deutschen Botschaft in London gefunden“, so Gröning.
Vor allem sei es dem Engagement der britischen Botschafterin zu verdanken, das bilaterale Netzwerk auszubauen und zu stärken sowie die Zusammenarbeit nach außen hin sichtbar zu machen. „Und dann kommt dabei eben auch mal ein so hoher Besuch dabei heraus“, lächelt Gröning und verrät: „Wir wären beinahe als Programmpunkt für den Staatsbesuch des Königspaares vorgesehen und waren sogar auf der Shortlist.“ Allerdings wäre der Besuch des Alexander Hauses von Königin Camilla mit einem sehr großen Sicherheitsaufwand und eventuell einer Sperrung der B2 einhergegangen. „Da war der Besuch des Duke of Edinburgh doch wesentlich entspannter“, so Gröning.
Das Interesse des hohen Besuchs galt also nicht nur dem kleinen, hübsch restaurierten Sommerhäuschen und seiner interessanten Geschichte, sondern vor allem den Projekten, die hier entstehen.

Vor zehn Jahren fing alles an

Kaum jemand, der die heruntergekommene und einsturzgefährdete Holzhütte 2013 sah, hätte gedacht, dass hier 2023 ein solch aufwendig restauriertes Holzhaus steht, das Symbol für Begegnung und Austausch werden sollte. Auch der Ortsvorsteher von Groß Glienicke, Winfried Sträter, der kurz hat mit dem Prinzen sprechen dürfen, erinnert sich: „2013 hatte ich Thomas Harding [den Urenkel der einstigen Besitzer, Anm. der Redaktion] bei einem Gang durch das Haus begleitet. Die Zugänge waren noch vernagelt gewesen, im Inneren tasteten unsere Taschenlampen Tapetenfetzen an den Wänden ab, Müll lag überall herum. Eine verlassene, scheinbar abrissreife Bretterbude.
Zehn Jahre später führt Moritz Gröning Prinz Edward durch das ehemalige Sommerhaus der Familie Alexander. Und der Prinz ist voll des Lobes.
Es ist eine unglaubliche Erfolgsgeschichte. 87 Jahre nachdem die jüdische Familie Alexander 1936 aus Nazi-Deutschland fliehen musste und in England ein neues Leben begann, würdigt ein Mitglied der britischen Königsfamilie die Errichtung eines interkulturellen und internationalen Bildungsortes an diesem Ort, geschaffen durch Thomas Harding, die Nachfahren der Alexanders, viele Engagierten aus Groß Glienicke und mit Unterstützung der Stadt Potsdam, des Landes Brandenburg und der Bundesregierung.
Für mich ist im Gespräch mit ihm der wichtigste Gedanke, dass dieses Haus uns zum einen an die finstere Zeiten der deutschen Geschichte erinnert und zum anderen dafür steht, dass aus einer solchen Geschichte eine erfolgreiche Versöhnungs- und produktive Verständigungsarbeit erwachsen kann. Dafür steht das Alexander-Haus, und deshalb ist es denkmalwürdig.“

Das Seminar-Haus

Das Alexander Haus war in den vergangenen Jahren wegen des anfangs zu groß geplanten Seminar- und Beherbergungsgebäudes auf dem Areal in die Kritik geraten. Vor allem die direkten Anwohner hatten sich gegen diese Pläne ausgesprochen. Die Verbesserungsvorschläge wurden seitens der Verantwortlichen aufgegriffen und nun soll ein stark reduzierter Seminarbau entstehen.
„Durch die Schaffung eines sicheren Raums, in dem Dialog, Kreativität, Vielfalt und natürliche Schönheit gefördert werden, wird das Alexander Haus zu mutigem Denken und positiven Ergebnissen in einer fröhlichen, aber nachdenklichen Umgebung inspirieren. Als interreligiöses und generationenübergreifendes Drehkreuz werden wir starke, vertrauensvolle Partnerschaften mit öffentlichen und privaten, deutschen und nicht-deutschen Institutionen aufbauen, die alle Unterschiede überbrücken und Versöhnung schätzen“, heißt es dazu vom Alexander-Haus Verein.
„Hier wird kein Tagungshotel für beliebige Personen entstehen, sondern ein Seminarort mit ganz dezidierten Nutzern und maximal 32 Personen zur Übernachtung“. Aus diesem Grund bestehe auch die langfristige Zusammenarbeit mit den Dialogperspektiven und Begabtenförderwerken, v.a. dem Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk, um diesen einen Ort für ihre langfristig ausgerichtete inhaltliche Förderarbeit zu bieten. Aufgrund des sehr reduzierten Raum- und Nutzungskonzeptes sei auch die ökonomische Perspektive des Alexander-Hauses eine andere. „Diese ist uns aber durchaus bewusst und von uns gewollt“, bestätigt Gröning.

Ob bei der Enthüllung der Plakette, die an seinen Besuch erinnern soll, bei Gesprächen im Haus mit den Nachkommen der Familie Alexander oder bei der Präsentation integrativer Schülerprojekte, Prinz Edward zeigte sich bei seinem Besuch am 23. Mai in Groß Glienicke gut gelaunt und sehr interessiert. Mit seinem sympathischen und nahbaren Auftreten nahm er den Anwesenden schnell die Kontaktscheue und hinterließ einen bleibenden Eindruck.

Ob bei der Enthüllung der Plakette, die an seinen Besuch erinnern soll, bei Gesprächen im Haus mit den Nachkommen der Familie Alexander oder bei der Präsentation integrativer Schülerprojekte, Prinz Edward zeigte sich bei seinem Besuch am 23. Mai in Groß Glienicke gut gelaunt und sehr interessiert. Mit seinem sympathischen und nahbaren Auftreten nahm er den Anwesenden schnell die Kontaktscheue und hinterließ einen bleibenden Eindruck.
Fotos: André Wagner

Das Seminargebäude soll unter anderem mit Fördermitteln des Landes und des Bundes finanziert und mit etwas Glück im Jahr 2027 eröffnet werden, hofft Gröning.
Potsdams Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Umwelt, Bernd Rubelt, würdigt ebenfalls die Arbeit in der vergangenen Dekade: „In der Normalität einer Einfamilienhaussiedlung in Groß Glienicke befindet sich einer der seltenen Orte, an denen die Umbrüche und die Geschichten des 20. Jahrhundert sehr eindrücklich und ganz persönlich lebendig werden. Dies ist das Verdienst der Familie Alexander/Harding und des Alexander-Haus Vereins. Der heutige Besuch von Prinz Edward ist für das Projekt und das Engagement eine große Ehre und eine tolle Bestätigung.“
Der Alexander-Haus Verein steht also nicht nur für das Bewahren eines restaurierten Wochenendhäuschens, sondern für das Bewahren, den internationalen Austausch und die Bildung gesellschaftlicher und zwischenmenschlicher Werte über Religionen, Kulturen und Nationalitäten hinweg. Dieser Ausrichtung und Anerkennung galt vor allem der Besuch des Duke of Edinburgh.
Gröning sieht in der Veranstaltung aber auch die Gelegenheit, sich bei den vielen Unterstützern und Mitarbeitern für das großartige Engagement zu bedanken. „Die jahrelange Unterstützung in diesem Maße ist ja nicht selbstverständlich“, sagt Gröning voller Dankbarkeit.

sts