Ortsvorsteher fordert Mentalitätswechsel bei Alexander-Haus e.V.

Der Alexander Haus e.V. (AHeV) möchte auf dem Grundstück in Groß Glienicke mit dem gleichnamigen Haus am See eine interreligiöse und interkulturelle Bildungs- und Begegnungsstätte etablieren. Seit Gründung des AHeV im Jahre 2013 erfährt das Projekt, das von der in England lebenden Familie Harding initiiert wurde, mit Beginn der Sanierungsarbeiten eine große Unterstützung aus Groß Glienicke, aus Potsdam und aus aller Welt.
Grundlage für die weitere Umsetzung des Vorhabens ist jedoch die Vorstellung eines detaillierten Nutzungskonzeptes, das der Verein seit Jahren nicht vorgelegt hat.

Das Alexander Haus ist wieder schön geworden. Foto: André Wagner

Der Verein

Im November 2013 wurde der Alexander Haus e.V. mit dem Ziel gegründet, das Alexander Haus zu sichern und zu restaurieren sowie der Geschichte des Hauses und der Familien, die es bewohnt haben, zu gedenken und Menschen aus aller Welt zusammenzubringen. Sowohl das Haus als auch das Grundstück sind im Besitz der Stadt Potsdam. Im Juni 2019 wurden die aufwendigen Restaurierungsarbeiten erfolgreich beendet. Seitdem ist Groß Glienicke um eine historische Perle reicher, die mittlerweile weltweite Reputation erlangt hat.
Parallel zu der voranschreitenden Restaurierung der letzten Jahre initiierte der AHeV eine Vielzahl sozialer und integrativer Projekte wie Theateraufführungen, Seminare, Schulprojekte, Führungen, Ausstellungen, Fußball-Turniere, Weihnachtsfeiern und Communitiy Art & Food- Veranstaltungen, unter anderem in Zusammenarbeit mit den Trägern der Gemeinschaftsunterkunft in Groß Glienicke.
Laut des AHeV-Jahresberichtes besuchten „bis Ende 2019 mehr als 1000 Menschen –Veranstaltungsbesucher nicht eingerechnet – aus über 20 Ländern das Haus“. Finanziert wird die Arbeit des AHeV durch Spenden, Zuschüsse und unterschiedliche Förderprogramme. Aktuell laufen Planungen zur Errichtung eines neuen Seminar-Gebäudes, das dem Verein ermöglichen soll, Gastgeber eines vielfältigen wie reichhaltigen Programms zu werden, heißt es auf der Website des AHeV unter dem Menüpunkt „Visionen“. Genaueres erfährt man hier leider nicht. Und genau das ist der Stein d

es Anstoßes.

Drei Anwohnerinnen stellen ihre Position dar.

Der Konflikt

Zu Beginn seiner Gründung richtete der AHeV in regelmäßigen Abständen Informationsveranstaltungen aus, die der Transparenz und dem gemeinsamen Dialog dienen sollten. Denn „unser Ziel ist es, das Alexander Haus zu einem Ort für Bildung und Versöhnung zu entwickeln“, so der AHeV, und das gehe nur, wenn das Vorhaben auch von allen Groß Glienickern getragen werde.
Als der AHeV 2017 auf einer Informationsveranstaltung den Bau eines überdimensionierten Tagungsgebäudes vorstellte, in dem eine interreligiöse und interkulturelle Bildungs- und Begegnungsstätte entstehen soll, hinterließ dies nicht nur bei den direkten Anwohnern und den politischen Entscheidern ein ungutes Gefühl. Welchen Weg will der Verein wirklich einschlagen? Wie soll en das Grundstück und die dort existierenden und noch zu bauenden Häuser genutzt werden? Wie stellt sich der Verein die Umsetzung der eigenen Idee im Detail vor, und wie möchte er dabei die Ruhe und Sicherheit im Ortsteil gewährleisten? Man bat den AHeV deshalb um die Vorlage eines detaillierten Nutzungskonzeptes, das sowohl der Leitidee des AHeV als auch den Anforderungen des Ortsteils entsprechen sollte. Daraufhin wurden die Baupläne überarbeitet und in ihrer Form etwas reduziert, mehr kam vom AHeV nicht. Das allein war jedoch den Anwohnern, dem Ortsbeirat und der Stadt Potsdam nicht genug, zumal die Veranstaltungen auf dem Gelände des Vereins weiter zunahmen.

Die Position der anderen

Viele der Anwohner waren Unterstützer und Förderer der ersten Stunde. Seitdem man mit den Restaurierungsarbeiten des Alexander Hauses und der Gestaltung des Geländes begann, packten auch viele Anwohner aktiv mit an. Als diese merkten, dass der Verein die anfänglich in den Vordergrund gestellte Transparenz und Kommunikation immer mehr einstellte, änderte sich das Gefühl der Begeisterung in Ernüchterung und schließlich in Skepsis.
Um mit dem AHeV einen Konsens in Sachen Nutzungskonzept erarbeiten zu können, legten die Anwohner dem Verein einen Zehn-Punkte-Plan vor, in dem man die eigenen Anforderungen formulierte. Darunter fanden sich zum Beispiel:

  • geregelte Öffnungszeiten, montags bis freitags 10-18 Uhr, bislang sonntags 15.00 – 17.00 Uhr, sollten die Öffnungszeiten ausgedehnt werden, einen Ruhetag am Wochenende (vorzugsweise sonntags)
  • festgelegte und abgestimmte Anzahl von öffentlichen Veranstaltungen (z.B. Tag der offenen Tür, Tag des off Denkmals, ggfs. religiöse Feste)
  • keine Einfahrt / keine Parkmöglichkeit für Pkw auf dem Gelände des historischen AH
  • kein öffentlicher Weg vom Gutstor zum Groß Glienicker See über das Gelände AH
  • Wochenendbetrieb nur in Ausnahmefällen und in beschränkter Menge
  • keine Vermietung der Seminarräumlichkeiten an Dritte
  • festgelegte und abgestimmte Anzahl von Seminaren und Seminarteilnehmern
  • Ruhezeiten, idealerweise analog zu den Sommerferien

„Alle unsere Anforderungen, die zu einem verträglicheren Miteinander führen sollen, wurden vom Alexander Haus Verein abgelehnt. Wir erhielten noch nicht einmal alternative Vorschläge“, erzählt die Anwohnerin Kathrin Sutor dem POTSDAMER enttäuscht.

Zahlreiche Einwohner wollen wissen, wie es weiter geht. Fotos: sts

Das Dialogverfahren

Sowohl Anwohner als auch der Ortsbeirat sind neben vielen anderen seit Beginn der Restaurierungsarbeiten am Alexander Haus große Befürworter der Leitidee des Vereins. Vor allem die Anwohner betonen immer wieder, dass sie die inhaltliche Ausrichtung des AHeV unterstützen, sich aber bei der Umsetzung alleingelassen fühlen, weil der Verein es bisher nicht verstanden hat, die vielen offenen Fragen ausreichend zu beantworten.
Aufgrund dieser Situation schaltete der Ortsbeirat 2018 die WerkStadt für Beteiligungen der Stadt Potsdam ein, um den mittlerweile entstandenen Konflikt zwischen dem Verein und den Anwohnern in Form eines Dialogverfahrens zu moderieren und zu lösen.
Ziel des Dialogverfahrens sollte es sein, die gemeinsamen und voneinander abweichenden Interessen abzugleichen. Dabei sollte mehr Transparenz von Seiten des Vereins gelebt werden, um verlorengegangenes Vertrauen wiederzugewinnen. Um dies zu erreichen, fanden einige Termine unter Leitung der WerkStadt für Beteiligung statt, die leider ohne fassbare Ergebnisse endeten. Ein Grund dafür war unter anderem das immer noch fehlende Nutzungskonzept des AHeV.
Schließlich beschloss der Ortsbeirat im Einvernehmen der Dialogbeteiligten mit Unterstützung der WerkStadt für Beteiligung eine Veranstaltung austzurichten, auf der die einzelnen Positionen und Konzepte vorgestellt werden sollten.
Diese öffentliche Veranstaltung wurde von Kay-Uwe Kärsten von der WerkStadt für Beteiligung der Landeshauptstadt Potsdam organisiert und moderiert. Ebenfalls anwesend war die auf Baurecht spezialisierte Anwältin Katja Damrow, um eventuell aufkommende baurechtliche Fragen gleich vor Ort klären zu können.
Ziel der Veranstaltung sollte es sein, dem AHeV die Möglichkeit einzuräumen, sein Konzept vorzustellen wie auch den Anwohnern die Möglichkeit zu geben, ihre Position vorzutragen. Ferner sollte dadurch der Öffentlichkeit die Konfliktsituation nähergebracht werden, um deren Lösung man sich nun bemühe.
Große Enttäuschung, statt großer Wurf
Nachdem man am 27.02.20 die Interessierten in der Aula der Groß Glienicker Grundschule willkommen hieß und Kärsten kurz in das Thema einführte, präsentierte das vom AHeV beauftragte Architektenbüro das bereits seit längerem bekannte und leicht reduzierte Baukonzept. Gespannt erwarteten die Teilnehmer der öffentlichen Veranstaltung die Präsentation des AHeV.
Die Präsidentin des AHeV, Yasmeen Akhtar, fasste die Ausrichtung des AHeV zusammen, verwies auf die vielen sozialen Projekte, die bereits erfolgreich liefen und erwähnte geplante Vorhaben, die sowohl regionalen als auch internationalen Charakter haben. Konkrete Angaben über die Nutzungsintensität des Geländes und der geplanten Gebäude lieferte Akhtar nicht.
„We believe in conversation“ (Wir glauben an das Gespräch), hieß es immer wieder von Seiten der Präsidentin des AHeV. Allerdings ist das fehlende Gespräch genau das, was die Anwohner verwirrt und mittlerweile verärgert.
Ortsvorsteher Winfried Sträter, dessen Rolle in dem Konflikt von manchen nicht ganz unkritisch gesehen wird, weil er als Mitglied des AHeV auch dessen Interessen vertrete, überraschte das Publikum mit sehr deutlichen Worten: „Ich fordere einen Mentalitätswechsel bei der Führung des Alexander-Haus Vereins und ein konstruktiveres Vorgehen, um das Projekt nicht zu gefährden!“

Stimmen nach der Veranstaltung

Die Veranstaltung hatte nach Aussagen einiger Teilnehmer keinen sichtbaren Mehrwert gebracht. Immer noch fühle man sich missverstanden, heißt es von Seiten der Anwohner. Man möchte sich konstruktiv am Entwicklungsprozess beteiligen, bisher vermisse man jedoch eine Atmosphäre konstruktiver Lösungsansätze.
Der nächste Schritt, den alle Dialogbeteiligten vereinbarten, soll eine Auswertung der Veranstaltung zusammen mit dem Ortsbeirat sein sowie eine Planung der weiteren Schritte. Aufgrund der Corona-Lage wird sich dieses Vorhaben auf unbestimmte Zeit verzögern.
Dem Ortsvorsteher Sträter kommt die Verschnaufpause gelegen. „Aus meiner Sicht ist es gut, wenn das Projekt langsamer als ursprünglich vorgesehen realisiert wird. Denn das Nachbarschaftsverhältnis funktioniert noch nicht so, wie es sein sollte … Außerdem muss das grüne Umfeld des Hauses zum Ufer hin und in Richtung Park noch gärtnerisch gestaltet werden. Daher bemühe ich mich auch in meinen Gesprächen mit der Stadtverwaltung, das Neubauprojekt langsamer als ursprünglich gedacht zu planen“, so Sträter in seinem Ortsvorsteherbericht.

sts