Seine Karriere hat Jonas Böttinger, Sportschüler in Potsdam, mit knapp 17 Jahren schon erfolgreich überarbeitet. Noch ist er amtierender Deutscher Mannschaftsmeister im Schwimmen mit dem Potsdamer Schwimmverein, zusätzlich hält Jonas bereits den Titel des Deutschen Vizemeisters im Vierer-Kanadier. Aus dem Wasser ins Boot gestiegen, wechselte der Jugendliche im Sommer 2019 zu den Kanuten, um auf Anhieb die Kanurennen für sich als Zielgerade zu definieren. Es ist bekannt, dass Hochleistungsschwimmer ein anspruchsvolles Pensum an Training absolvieren, dennoch ist das Kanu, insbesondere der Kanadier, eine hohe Herausforderung auch für diejenigen, die mit besten Voraussetzungen antreten. Jonas ist ehrgeizig, jedoch ist das allein noch kein Beitrag zu seinem Erfolg. Vielmehr ist das Gesamtpaket an Motivation, Wille zur Unabhängigkeit und vor allem viel Spaß die treibende Kraft, was ihn als Wunderkind ausmacht.
Sporttraining in Abwechslung mit Schule
Auf der Potsdamer Sportschule am Olympiastützpunkt wird zusätzlich zum Büffeln jeden Tag der Sport trainiert. Jonas lebt im Internat, kommt urprünglich aus Fahrland und wenn keine Wettkämpfe stattfinden, dann verbringt er das Wochenende zu Hause bei seinen Eltern. Beide berichten, dass Jonas mitunter seit Jahren mit dem Wechsel zum Kanu liebäugelt, beide aber die erbrachte Investition im Schwimmen als Kapital ansahen und Jonas seine Entscheidung zu dem Kurswechsel in der 10. Klasse selbst energisch durchsetzen musste. So beschreibt er: „Ich hatte schon vorher mit dem Gedanken gespielt, zum Kanu zu wechseln. In der 10. Klasse habe ich meinen Willen durchgesetzt und bin inzwischen beim Kanu gut angekommen. Läuft ja ganz gut.”
Seine schulischen Leistungen litten unter dem anspruchsvollen Training für die Schwimmmeisterschaften und er sah seinen Erfolg aufgrund einer Schulterverletzung begrenzt. Die Abwechslung im Kanutraining und mehr Zeit für reguläre Schulpflichten verbessern das Zeugnis und allgemein ist die Ausgangssituation entspannter, fördert somit die Motivation für das Kanurennen. Mit den ersten Siegen und dem Titel des Deutschen Vizemeisters konnte Jonas rasch seine Eltern überzeugen, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Zum Anfang des Jahres 2020 startet er dann voll durch bei den Deutschen Junioren Meisterschaften im Kanuwettrennen und kommt zweimal ins A-Finale und einmal ins B-Finale. Damit qualifiziert er sich für die Juniorennationalmannschaft. Das wirkt, wie mal eben nebenher eine Karriere absolviert.
Gut zu Wissen ist, dass Kanu fahren im Abenteuerurlaub sich grundsätzlich vom professionellen Vierer-Kanadier unterscheidet, indem nur das Einsteigen ins Boot für den Fahrer zur tagelangen Übung werden kann. Das Boot ist noch nicht mal hüftschmal. Und wer schon mal im Urlaubskanu saß, der weiß welche Anstrengung trotz Sitzens das Paddeln sein kann, vom Steuern des Bootes ganz zu Schweigen. Im Kanadier kniet der Kanute, muss die Balance halten und mit gezielter Kraft Paddeln, sich dabei an eine bestimmte Frequenz im Rhythmus halten und zugleich das Boot steuern. Ein Zusammenspiel von Kraft, Technik und akkuratem Gespür für die äußere, als auch innere Balance ist hierbei gefordert. Wenn das Boot auf spiegelglatter Wasseroberfläche gleitet, ist das eine gute Voraussetzung für einen Sieg, wenn es einen Wellengang gibt, steigt die Herausforderung deutlich.
Teenager auf Erfolgskurs
Mit seinem Schul- und Vereinskameraden Erik Etlich (17) sollte Jonas im September bei der Olympic Hope Regatta in Szeged, Ungarn starten. Die aktuelle Corona-Situation jedoch droht diesem Wettkampf mit einer Absage – Ungarn schließt die Grenzen für den Tourismus. Das traditionelle Kanuevent umfasst alle gängigen Kanudisziplinen und ist somit nicht nur ein wichtiges, sondern ein aufregendes Rennen für die beiden jungen Kanuten.
Jonas und Erik sind seit der Grundschule befreundet, beide in Fahrland aufgewachsen und haben damals schon zusammen die Schulbank gedrückt. Erik ist seit 2014 Schüler der Potsdamer Sportschule und fährt seit knapp sieben Jahren das Kanu. Ein beträchtlicher Vorsprung zu Jonas, der seit etwa nur einem Jahr das Kanu fährt. Das ist jedoch kein Hindernis für Jonas’ Motivation, als erster die Ziellinie zu erreichen.
Auf die Frage, wie sich das anfühlt, als erster übers Ziel zu schießen, sagt er: „Das ist ein unglaubliches Gefühl! Gerade in dieser kurzen Zeit – das war mein Ziel zu gewinnen und auch den Hope zu fahren. Wenn ich das schaffe, bin ich zu 80% zufrieden und etwa 20% sind Dinge, die im Rennen gestört haben – welche ich besser machen kann. Erster zu sein, heißt nicht gleich, gewonnen zu haben. Es kommen noch viele weitere Wettkämpfe dazu, in denen ich mich genauso beweisen und kontinuierlich meine Leistung bringen muss. Das ist das wichtigste, dass man kontinuierlich das abruft, was man im ersten oder zweiten Rennen gezeigt hat. Und so hoffe ich natürlich auch, dass es weitergeht.”
kl
Lesen Sie in der nächsten Ausgabe des Potsdamer über Jonas, Erik und ihre Trainerin, die ehemalige Olympia-Siegerin im Kanurennen, Katrin Wagner-Augustin, und über das Training im Tagesverlauf.