Neues Konzept rückt Klimaschutz in den Fokus
Jetzt ein schönes Bier! Diese Idee hatten mehrere der Besucher am Abend nach der Informationsveranstaltung zur Zukunft der Biosphäre. Nach einer tollen Präsentation der Konzeptstudie mit spannenden Ideen, vielen Zahlen und durchdachten Redebeiträgen aus der Bürgerschaft wäre es schön gewesen, den Abend bei einem kühlen Getränk gemeinsam ausklingen zu lassen. Aber leider: Tote Hose – weit und breit rund um die Biosphäre gibt es keine Kneipe, in der man hätte einkehren können.
Vielleicht wird das mal anders. Denn die Verbindung der Biosphäre zum Volkspark und zum Quartier Bornstedt war eins der Themen, die sich die beauftragte Kreativagentur „dan pearlman“ gemeinsam mit Vertretern der Stadt und der ProPotsdam in einem Werkstattverfahren zur Aufgabe gemacht haben. Konkret kam der Vorschlag, einen Biergarten zu eröffnen und eine Fläche neben der Biosphäre für Kleingärten oder in der modernen Variante für „Urban Gardening“ vorzusehen. Der Eigenanbau von Gemüse ist ein Beitrag zum Klimaschutz. Denn das Gemüse wächst nebenan, Kraftstoff (und damit CO2-Ausstoß) wegen langer Lieferwege wird eingespart.
Das inhaltliche Konzept
Um Biodiversität, das Klima und den Klimawandel geht es thematisch, wenn die am 20.3.2019 vorgestellte Konzeptstudie zur Zukunft der Biosphäre realisiert werden soll. Kieran Stanley, Geschäftsführer der Agentur „dan pearlman“, erläuterte die Ergebnisse des Werkstattverfahrens. Ideen wie ein Entertainment-Center, ein Virtueller Zoo oder ein Nature-Sience-Center wurden geprüft und wieder verworfen. Überzeugt hat die Teilnehmer der Workshops das Konzept „Biosphäre 2.0“.
Nach diesem Konzept erwartet die Besucher eine sinnliche, multimediale Reise durch die Klimazonen der Erde. In einem Raum soll beispielsweise ein 360°-Dünendiorama das Klima in der Wüste körperlich erfahrbar machen. Der Effekt wir erzielt in einem runden Raum, auf dessen Wände eine Wüstenlandschaft projeziert wird. In einem saisonal bespielbaren Tunnel kann es sogar schneien. Und ganz wichtig: der vorhandene „Regenwald“ mit seinen gut eingewachsenen Pflanzen bleibt erhalten. Die verschiedenen Räume bieten eine Bühne für einzelne Schwerpunktthemen zum Klimawandel.
Die Biosphäre soll sich damit noch stärker als außerschulischer Lernort etablieren und vor allem den Einfluss des Menschen auf Flora, Fauna und Klima darstellen. In diesem Zusammenhang werden Kooperationen mit herausragenden wissenschaftlichen Institutionen in Potsdam, beispielsweise dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), dem Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS), dem Alfred-Wegener-Institut Potsdam sowie dem GFZ Helmholtz-Zentrum Potsdam, angestrebt.
Kostenschätzung und Besucherzahl
Für das Konzept „Biosphäre 2.0“ der Agentur „dan pearlman“ erarbeitete die Profund GmbH im Auftrag der Stadt eine Kostenschätzung. Es wird von einer Investitionssumme von 17,3 Millionen EUR ausgegangen. Davon werden 6,3 Millionen EUR für die energetische Sanierung der Aussenhülle kalkuliert. Die Besucherzahlen sollen sich von jetzt 150.000 auf dann im Durchschnitt 230.000 Besucher jährlich erhöhen.
Das geplante Konferenzhotel neben der Biosphäre mit öffentlich zugänglichem Spa-Bereich scheint zur teilweisen Gegenfinanzierung geeignet. Mehr Gäste für die Biosphäre sollen so begeistert werden.
Viele gute Ideen aus dem Publikum
Das inhaltliche Konzept kam auf der Bürgerversammlung gut an. Offensichtlich waren die Besucher, darunter viele Bornstedter, gut vorbereitet. Einige Redner outeten sich als Kenner und Liebhaber der Biosphäre. Und brachten eigene Ideen ein. Allen voran Hans-Joachim Dauber, der sein Konzept von einem Kiezbad in der Eventhalle der Biosphäre erklärte. Eine Zwischendecke würde die Halle in zwei Etagen teilen: Unten das 25-Meter-Becken, oben eine Mehrzweckraum mit 1.500 qm Fläche. Insgesamt würde das Kiezbad nur 1/6 der Gesamtnutzfläche der Biosphäre beanspruchen. Zusätzlich schlägt Dauber den Bau eines Außenbeckens vor. Ein Energie- und Wassernutzungskonzept kann er vorlegen.
Schon 2014 entwickelte der heute 80-jährige erfahrene Diplomingenieur der Wasserwirtschaft entsprechende Pläne. Sein „Herzbad Volkspark“ brachte im Bürgerhaushalt 2016 beachtliche 8.700 Stimmen. Leider fand Dauber bisher keine Unterstützung für seine Idee in der Stadtpolitik. Obwohl immer deutlicher wird, dass die Kapazitäten des „blu“ für den Schulsport kaum ausreichen. Ein Schwimmbad im Norden wäre ideal. Die Badegäste müssten nicht erst durch die Innenstadt zum „blu“ fahren. Verkehr würde eingespart.
Hauptargument gegen ein Kiezbad in der Biosphäre ist wohl, dass solch ein Bad als „Fremdkörper“ nicht zum Konzept der Biosphäre insgesamt passen würde. Es gäbe eine Zweiteilung der Nutzung. Vielleicht spielen auch finanzielle Erwägungen eine Rolle. Obwohl Dauber die Kosten von drei Millionen Euro für den Einbau so einstuft: „So günstig bekommt die Stadt kein anderes Bad!“.
Stadtteilkoordinator Christian Kube vom Nachbarschaftsladen in Bornstedt mahnte an, dass noch viel mehr für die Anwohner in der Nachbarschaft der Biosphäre angeboten werden müsste. Zum Beispiel fehlt ein Raum, den die Bornstedter für Familienfeste günstig mieten könnten. Der Nachbarschaftsladen ist dafür leider zu klein. Für die vielen älteren Bornstedter, die in die neuen Häuser rund um die Fachhochschule eingezogen sind, fehlt es an Angeboten. Auch die Frage von Uwe Adler, Anwohner und Fraktionsmitglied der SPD in der Stadtverordnetenversammlung, ging in diese Richtung: „Welchen Mehrwert bekommt der Potsdamer, ohne zahlender Besucher zu sein?“
Zum inhaltlichen Konzept zeigte ein Redner aus dem Publikum klare Kante: „Die Menschen wollen etwas tun! Nur bunte Filmchen bringen mir nichts. Ich will eine echte Auseinandersetzung der Besucher mit dem Thema Klimaschutz. Es geht darum, die Zukunft aktiv zu gestalten.“ Als Beispiel nannte er ein Repaircáfe. Ein andere Redner schlug vor, dass es ein ständiges Investitionsprogramm von vielleicht 500.000 EUR jährlich geben sollte, um das Haus mit wechselnden Ausstellungsteilen lebendig zu halten. Visionär Hans-Joachim Dauber kann sich sogar eine Windmühle auf dem Ruinenberg vorstellen. Die treibt ein Pumpspeicherkraftwerk an, das die Biosphäre mit Strom versorgen würde.
Das Konzept auf den Weg bringen
Darüber waren sich alle einig: Die Biosphäre soll erhalten und auf wirtschaftlich feste Beine gestellt werden. Die Grundidee „Biosphäre 2.0“ mit dem Kernthema Klimaschutz überzeugt. Diese wird demnächst der Stadtverordnetenversammlung vorgestellt. Stimmt sie zu, kann ein Betreiber- und Finanzierungsmodell erarbeitet werden. Dazu gehört, ob und in welcher Höhe Fördermittel eingeworben werden können. Wenn das geklärt ist, wird es um ein Feinkonzept für die Inhalte gehen.
Der Beigeordnete für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Umwelt und Gastgeber der Bürgerinformationsveranstaltung, Bernd Rubelt: „Das Konzept ‚Biosphäre 2.0‘ soll eine Wirkung haben für die Menschen und die Region. Für mich steht ein stadtwirschaftlicher Erfolg dahinter. Was es uns wert ist, die Biosphäre zu erhalten – das müssen wir diskutieren. Ich wünsche mir, die kreative Diskussion aus den Werkstattgesprächen weiter zu führen.“ Tolle Anregungen dazu hat er auf der Informationsveranstaltung von den Potsdamer Bürgern erhalten.
sk