Und plötzlich steuerpflichtig?
Zum 1. Juli wurden die Renten um über 3 % angehoben – und mehr als 20 Millionen Rentner profitieren von den höheren Bezügen. Doch Vorsicht: Mit der Anhebung der Rente rutschen viele Senioren zum ersten Mal in die Steuerpflicht und müssen eine Steuererklärung abgeben. Ob und wie viel Rente versteuert werden muss, hängt von der Höhe des Gesamteinkommens und vom Jahr des Renteneintritts ab. Die wichtigsten Fragen rund ums Thema Rentenbesteuerung beantwortet Kathrin Köhler-Stahl, Beratungsstellenleiterin des Steuerrings, in einem Interview.
Wie hoch fällt die Rentenerhöhung aus?
Aufgrund der guten Entwicklung der Beschäftigungen und Löhne, wurden die Renten zum 1. Juli spürbar angehoben: Im Westen legten die Bezüge um 3,18 Prozent zu, im Osten sogar um 3,91 Prozent. Während sich die meisten Rentner über die Erhöhung freuen können, müssen laut Bundesfinanzministerium etwa 48.000 Rentner damit rechnen, dass sie erstmals steuerpflichtig werden.
Warum werden Renten überhaupt besteuert?
Renten zählen zu den steuerpflichtigen Einkünften – so wie alle anderen Einkünfte, die man beispielsweise aus Arbeit oder Vermietung hat. Ob auf die Rente tatsächlich eine Steuer zu zahlen ist, hängt vom Einzelfall ab.
Was ist für den Einzelfall wichtig?
Für die Rentenbesteuerung ist im Einzelfall wichtig, seit wann die Rente gezahlt wird. Dieser Zeitpunkt bestimmt jenen Rentenanteil, der steuerpflichtig ist – den sogenannten Besteuerungsanteil.
Und dieser Besteuerungsanteil steigt stetig an?
Ja. Bei Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die 2005 oder früher begonnen haben, sind 50 Prozent der Renten steuerpflichtig. Der Besteuerungsanteil steigt dann für jeden neuen Rentenjahrgang an. Wer 2018 in den Ruhestand ging, musste 76 Prozent versteuern, 2019 sind es bereits 78 Prozent. Für Neurentner ab dem Jahr 2040 gehören dann 100 Prozent der Rente zum steuerpflichtigen Einkommen.
Und wie wird die Rentenerhöhung besteuert?
Die jährlichen Rentenanpassungen sind in voller Höhe steuerpflichtig.
Gibt es denn einen Grundfreibetrag für Rentner?
Ja, Rentnern steht der gleiche Grundfreibetrag zu, wie allen anderen Steuerbürgern auch. Dieser liegt 2019 bei 9.168 Euro pro Jahr für Alleinstehende und 18.336 Euro für Ehepaare. Bleibt man mit seinen Einkünften unter diesem Grundfreibetrag, sind keine Steuern zu zahlen.
Und wenn man den Grundfreibetrag überschreitet?
Dann sollte man prüfen, welche weiteren Aufwendungen geltend gemacht werden können. Beispielsweise Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, Ausgaben für Spenden, Krankheitskosten oder Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung verrechnet das Finanzamt mit dem steuerpflichtigen Teil der Rente. Der Handwerkerbonus von 20 Prozent der Arbeitskosten ist von Senioren selbstverständlich auch absetzbar. Rentner können also mit einer Steuererklärung wirklich Steuern sparen.
Viele Rentner sind der Ansicht, dass eine Rentenerhöhung nichts bringt, da die Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung und die Steuern alles „auffressen“.
Das stimmt so nicht. Die Anteile für Kranken- und Pflegeversicherung betragen maximal neun Prozent. Sollte man aufgrund der Rentenerhöhung tatsächlich in die Steuerpflicht rutschen, beginnt die Besteuerung mit dem niedrigen Eingangssteuersatz von circa 15 Prozent. Beispiel: Bei einer Rentenerhöhung von 600 Euro im Jahr beläuft sich die Abgabelast auf etwa 144 Euro; es bleiben somit 456 Euro übrig.
Ab welcher Rentenhöhe sollte sich ein Rentner mit seinen steuerlichen Pflichten beschäftigen?
Wer Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, ledig ist und im Jahr 2018 erstmals Rente erhalten hat, sollte bei einer Jahresbruttorente von circa 12.000 Euro nachrechnen. Liegen neben der gesetzlichen Rente noch Einnahmen aus einer Betriebsrente oder weitere Einkünfte – zum Beispiel aus einer Vermietung – vor, setzt die Steuerpflicht früher ein. Ein Rentnerehepaar muss ab einer gemeinsamen Jahresbruttorente von 24.000 Euro achtsam sein.
Gibt es für Rentner bei der Steuererklärung eine Abgabepflicht und müssen sie von sich aus handeln?
Rentner sind dazu verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben, wenn sie mit all ihren Einkünften über den Grundfreibetrag kommen. Ob sie auch Steuern zahlen müssen, ist damit aber nicht gesagt. Sie sollten auf jeden Fall selbst aktiv werden und nicht auf eine Aufforderung vom Finanzamt warten.
Was passiert, wenn trotz Abgabepflicht keine Steuererklärung eingereicht wird?
Dann kann das Finanzamt zu Steuernachzahlungen auffordern. Und es werden – je nach Höhe der Nachzahlungen – Verspätungszuschläge und eventuell Zwangsgelder verhängt. Steuernachzahlungen werden mit sechs Prozent jährlich verzinst. Wenn man also unsicher ist, ob man in die Steuerpflicht fällt, sollten man sich lieber beraten lassen.
Weitere Informationen gibt es beim Lohn- und Einkommensteuer Hilfe-Ring Deutschland e. V. (Steuerring), Beratungsstelle Potsdam, Kathrin Köhler-Stahl, Georg-Hermann-Allee 23, 14469 Potsdam, Tel.: 0331-87096790 oder im Internet unter www.steuerring.de/koehler-stahl. Steuerring: Wir erstellen Ihre Steuererklärung – für Mitglieder, nur bei Arbeitseinkommen, Renten und Pensionen.