Warum Corona erfinderisch macht

Wie sehr sich die Corona-Pandemie auf unser gesellschaftliches Leben auswirkt, ist momentan schon eine große Herausforderung. „Was es jedoch mit unserer Wirtschaft macht, ist zurzeit noch nicht einmal im Ansatz zu ermessen“, sagt Götz Friederich, Präsident des Marketing Club Potsdam und hauptberuflich Wirtschaftsjurist und Steuerfachanwalt.

Der MCP ist dafür bekannt, mit seinen Mitgliedern und Veranstaltungen Unternehmen unterschiedlichster Branchen innovative Impulse zu geben. Darüber hinaus steht der MCP für Inspiration, neue Geschäftsideen und kreative Prozesse, die der Optimierung und Weiterentwicklung von Unternehmen dienen.

Götz Friederich, Präsident des Marketing Club Potsdam

Götz Friederich, Präsident des Marketing Club Potsdam

Alles auf Null

Bis auf wenige Branchen ist der totale Stillstand eingekehrt. Standby statt Run. Umsätze sind innerhalb weniger Tage auf Null eingebrochen. Mitarbeiter mussten zum Teil entlassen werden, die die Glück hatten, sind auf Kurzarbeit. „Auch die nächsten Wochen und wahrscheinlich Monate verheißen keine Besserung“, befürchtet Friederich.

Kommunen, Länder, der Bund und die EU haben Hilfspakete in Billionenhöhe geschnürt, die auf möglichst unbürokratischem Wege bei den Unternehmen ankommen sollen. Doch reicht das aus, um möglichst schnell wieder auf die Beine zu kommen? „Sicherlich nicht“, meint Friederich. „Die derzeitige Krise zeigt uns deutlich, wie anfällig und vor allem unvorbereitet wir alle sind. Nicht nur die Politik steht vor Aufgaben, die sie sich noch nicht einmal hat ausmalen können. Auch die Unternehmen müssen sich zu einem großen Teil umorientieren. Disruption ist heute mehr denn je in aller Munde. Alte Strukturen niederreißen, neue Handlungsfelder identifizieren, neue Prozesse implementieren, für viele Branchen das Gebot der Stunde.“

Mit Ideen zurück zum Erfolg

Will sich ein Unternehmen umorientieren, braucht es Ideen. Im besten Fall kann es bestehendes Know-how nutzen und somit Mitarbeiter in die neue Ausrichtung integrieren.

Doch die meisten Unternehmen können sich nicht neu erfinden, und den ausgeübten Beruf schon gar nicht. Viele Handwerker, Gastronomen, medizinische Berufe, Dienstleister, Einzelhändler und viele andere stehen vor dem Aus.

„Den Status quo zu sichern, kann nicht der Blick in die Zukunft sein“, zitiert Friederich Charles Handy, einen der renommiertesten Wirtschaftsphilosophen unserer Zeit. In jedem Unternehmen gibt es eine stete Entwicklung. Die Erweiterung der Produktpalette, die Integration neuer Positionen und Mitarbeiter, die Einführung einer neuen Software, die Definition von Arbeitsprozessen, das Werben um neue Zielgruppen, die Erarbeitung und Kommunikation des eigenen Leitbildes… Täglich steht das Unternehmen vor Herausforderungen. Nie ist ein Stillstand möglich, weil die Entwicklungen der Produkte, die Kundenanforderungen und damit die Märkte selbst in Bewegung sind. „Diese Bewegung müssen die Unternehmen nutzen“, so Friederich. „Veränderungen bedeuten auch große Chancen für Menschen und Unternehmen zugleich. Man muss sie nur rechtszeitig entdecken und sich daran anpassen. Konventionelle Denkmuster müssen durch kreative und vielleicht sogar fantasievolle Zukunftsvisionen ausgetauscht werden“, plädiert Friederich an die Unternehmen.

Viele Firmen können nur überleben, wenn sie dem Wandel folgen und einen radikalen Kurswechsel, einen Reboot, einleiten. Friederich geht es jedoch nicht darum, dass die Unternehmen in der Region ein völlig neues Unternehmen aufbauen, sondern darum, auf bestehendem Know-how aufzubauen.

„Viele Unternehmen in unserer Region sind Jahrzehnte alt, sie sind historisch gewachsen, sie können und sollen nicht völlig umdenken und etwas anderes machen. Es reicht aus, wenn man etwas Neues denkt, einen neuen Weg einschlägt“, rät Friederich und nennt einige Beispiele:

„Wenn ein Metallschneideunternehmen in der Corona-Krise die Zeichen der Zeit erkennt und stattdessen auf das Schneiden von Plexiglas für Spritz-, Nies- und Spuckschutz setzt, ist das ein Beispiel dafür, wie man bestehendes Know-how nutzen kann, um eine starke Nachfrage zu bedienen.

Wenn Fitness-Studios Trainingsvideos auf ihre Website stellen, um ihren Mitgliedern zu zeigen, was man auch zuhause alles an Übungen machen kann, um sich fit zu halten, ist das eine Möglichkeit, die Kündigungswelle einzudämmen und die Mitglieder an sich zu binden.

Wenn Alkoholproduzenten die Produktion einstellen, um Desinfektionsmittel zu produzieren, ist das nicht nur eine sehr gute Imagekampagne, sondern auch eine notwendige und soziale Aufgabe, der sich das Unternehmen verpflichtet fühlt.

Wenn Lieferdienste statt Pizza andere Lebensmittel zu Menschen bringen, die nicht mehr alleine einkaufen gehen können, ist das eine gute Idee, bestehende Mittel für einen neuen und aktuell stark nachgefragten Zweck einzusetzen – von dem sozialen Aspekt ganz zu schweigen.“

Mut für neue Wege

Je älter das Unternehmen und die Unternehmer(innen) sind, desto geringer ist in der Regel die Bereitschaft, bestehende Strukturen infrage zu stellen und neue Wege zu gehen. Aus diesem Grund kann es durchaus erfolgversprechend sein, auch mal jüngere Menschen in Entscheidungen einzubinden und auf deren Ideen zu hören. Einfach übernehmen sollte man die neuen Ideen aber nicht, ohne sie vorerst überdacht zu haben, denn auch wenn man älter ist und sich vielleicht nicht so gern von Bestehendem löst, der Vorteil der Erfahrung ist doch nicht zu unterschätzen, weiß Friederich aus der Praxis.

Kooperation als Chance

Eine gute Idee zu haben reicht nicht immer aus. Oft bleibt es bei der Idee, weil man keinen Weg sieht, diese Idee wegen der plötzlich aufgetretenen Nachfrage möglichst schnell umsetzen zu können. Gerade in Zeiten wie dieser ist es wichtig, gute Ideen sofort zu realisieren. Weil aber die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, eine gute Idee alleine umsetzen zu können, muss man sich nach Partnern umsehen. Hier sind andere Unternehmen gefragt, die entweder als Dienstleister, als Zulieferer oder als Partner im wirtschaftlichen Sinne auftreten können.

Um jedoch erst einmal auf gute Ideen zu kommen, gibt es einen bewährten Weg: die Integration eigener Mitarbeiter. „Der Einsatz von Know-how aus den eigenen Reihen hat sich schon häufig als sehr erfolgreich herausgestellt, weil diese nicht nur den Markt gut kennen, sondern vor allem die Kapazitäten des eigenen Unternehmens sehr gut einschätzen können. Aus dieser Kombination sind schon viele Ideen entstanden, aus denen sich ganze Branchen entwickelt haben“, so Friederich.

Die Integration von Mitarbeiter-Know-how in neue Wege ist laut Friederich eines der Kernthemen des innerbetrieblichen Innovationsmanagements. Auch ist die Weitergabe von Know-how, der sogenannte Wissenstransfer eine für Unternehmen notwendige Form der Sicherung von sich stetig anreichernden Know-hows.

Friederich plädiert also für einen kreativen Umgang mit den eigenen Ressourcen und dem Know-how der Mitarbeiter. Bliebt zu hoffen, dass es viele Unternehmen geben wird, die dem Rat Friederichs folgen, denn die Zeiten werden sicherlich nicht einfacher für die Unternehmen in Brandenburg.

Wer mehr über den Marketing Club Potsdam erfahren möchte, kann dies auf www.marketingclub-potsdam.de tun.