Wie sich Caroline von Bothmer gegen die Willkür einer Schule wehrt

Mitte 2021 schrieb Caroline von Bothmer ihre schriftlichen Abiturprüfungen an der Heinrich von Kleist Schule des zweiten Bildungswegs in Potsdam in den Fächern Deutsch, Biologie und Englisch. Als sie wenige Wochen später die Information erhielt, dass sie in allen drei Fächern durchgefallen sei, wunderte sich die ambitionierte Schülerin doch sehr und bat die Schulleitung um eine Drittkorrektur. Diese sagte man ihr mehrfach zu. Doch erfolgt ist diese nie.
Weil von Bothmer bemerkte, dass sich bei dem Kampf um eine neutrale Begutachtung ihrer Abiturarbeiten immer mehr ein deutliches Konstrukt an Verzögerungstaktiken auf Seiten der Schule, des Schulamtes und des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport abzeichnet, wandte sie sich an den POTSDAMER und bat um Hilfe bei der Durchsetzung ihres Rechts.

Dreimal durchgefallen?

„Das kann nicht sein“, dachte sich von Bothmer als sie die Ergebnisse ihrer schriftlichen Abiturprüfungen entgegennahm. In allen Prüfungen durchgefallen. Und das, obwohl sie eine begeisterte und engagierte Schülerin ist, die eher durch zu viel als durch zu wenig Mitarbeit aufgefallen ist, wenn man den Mitschülern glauben möchte.
„Ich habe es nicht geglaubt. Wie soll ich an gleich drei Themen so sehr vorbeigeschrieben haben, dass ich in keinem der drei Fächer noch nicht einmal die Mindestpunktzahl erreicht habe?“, stellt sie im Gespräch mit dem POTSDAMER noch einmal die Frage. „Ich habe mir daraufhin meine Arbeiten unter Aufsicht anschauen aber keine Kopien machen dürfen. Während ich mir meine schriftlichen Arbeiten anschaute, las ich in diesen Randbemerkungen wie `typisch Caroline´s Motto´. Das hat mich damals noch nicht so sehr gewundert. Heute werte ich diese Anmerkungen als klares Vorurteil und den Beweis, dass meine Abiturprüfungen nicht fachlich und neutral bewertet wurden.
Trotzdem war ich beim Lesen meiner Arbeiten davon überzeugt, dass meine Arbeitsergebnisse gut waren. Auf jeden Fall gut genug, um zu bestehen.“ Sie ging daraufhin zur Schulleitung, Frau Dr. Angela Hoffmann, und bat um eine neutrale Drittkorrektur. „Frau Dr. Hoffmann hat mir die Drittkorrektur zugesichert. Mehrfach. Beim ersten Mal hat sie um Geduld gebeten, da die Corona-Auflagen sie zu sehr beschäftigen würden. Nachdem weitere Monate vergingen, habe ich die stellvertretende Schulleiterin, Frau Bredow, um sie an die Drittkorrektur zu erinnern. Frau Bredow gab mir daraufhin mehrmals am Telefonisch die Zusage zur Drittkorrektur. Doch passiert ist nichts.
Schließlich wandte ich mich an die Schulleitung, Frau Dr. Hoffmann. Diese reichte mir die Hand und gab mir dabei ihr persönliches Versprechen, dass ich meine Drittkorrektur erhalten würde. Bei dem Versprechen blieb es dann auch.
Statt meine Arbeiten einem unabhängigen Drittkorrektor vorzulegen, legte man mir nahe, mich schon einmal für das neue Schulajhr anzumelden und die Klasse zu wiederholen, weil das Bestehen von drei mündlichen Prüfungen doch eher unwahrscheinlich sei“.

Caroline von Bothmer glaubt nicht, dass die Korrektur ihrer Abiturklausuren objektiv und neutral war. Deshalb kämpft sie für eine unabhängige Drittkorrektur, die man ihr bisher verwehrt hat.

Caroline von Bothmer glaubt nicht, dass die Korrektur ihrer Abiturklausuren objektiv und neutral war. Deshalb kämpft sie für eine unabhängige Drittkorrektur, die man ihr bisher verwehrt hat.

Lehrer und Mitschüler haben mich gemobbt

„Ich habe im Unterricht immer versucht gut mitzumachen, bin aber auch eine Frau, die gerne noch einmal nachfragt, wenn ich etwas nicht verstanden habe. Und wenn ich etwas verstanden habe, dann kann es auch schon mal sein, dass ich etwas kritisch sehe oder mir auch von einer anderen Perspektive anschaue.
Im Unterricht haben mich dann meine Lehrer immer häufiger übergangen. Meldungen haben sie ignoriert, und wenn sie mich mal rangenommen haben, haben sie meine Aussagen negativ kommentiert. Das wurde für mich immer frustrierender. Irgendwann habe ich dann kaum noch mitgemacht, um den Kommentaren und der Ignoranz der Lehrer zu entgehen.
Das Verhalten der Lehrer mir gegenüber ist auch Mitschülern aufgefallen. In Gesprächen haben sie mir gesagt, dass sie einiges genauso sehen wie ich und auch öfter mal über das eine oder andere Thema diskutieren würden oder eine andere Meinung äußern würden als die des Lehrers, aber das sei ja nicht erwünscht und, dass es keinen Sinn mache, sich mit den Lehrern anzulegen, weil diese am längeren Hebel säßen. Das habe ich dann auch einsehen müssen, nachdem ich immer mehr von den Lehrern gemieden wurde.
Es kam auch vor, dass Mitschüler meine Äußerungen und Meinung zu manchen Themen im Unterricht ins Lächerliche zogen, obwohl ich dabei auf Quellen und Beispiele verweisen konnte. Doch auch die Lehrer schritten nicht ein. Sie förderten nicht den Diskurs mit anderen Meinungen und stellten sich gegen mich. Mit der Zeit kam eine gewisse Haltung zum Vorschein: „Ach, Caroline hat schon wieder eine Meinung…“ Ich habe mich zu dieser Zeit von den Lehrern richtig gemobbt gefühlt.
Als ich mich über den schlechten Umgang miteinander beklagte, ließ mich diese stehen und schenkte meinen Äußerungen keine Aufmerksamkeit. Und als auch die sonst so kritischen Schüler immer leiser wurden, fühlte ich mich sehr alleine. Die Wiederholung der Klasse brach ich ab und stellte meinen Kampf um die Drittkorrektur erst einmal ein, um wieder zu mir selbst zu finden und Kraft zu tanken.

Schulamt rät zu anwaltlicher Hilfe, unterstützt aber nicht

Als sich von Bothmer in ihrer Verzweiflung an das zuständige Schulamt wandte, riet ihr der zuständige Sachbearbeiter dazu, sich in der Sache anwaltlich beraten zu lassen, erzählt von Bothmer.
„Die E-Mail mit meinem Antrag auf eine Drittkorrektur, die ich an die stellvertretende Schulleitung geschickt hatte, schickte ich auch noch einmal an das Schulamt. Hier sagte man mir, dass mein Antrag in der Form nicht gültig sei und ich diesen noch einmal per Einschreiben an die Schulleitung senden müsse. Das habe ich dann auch getan, obwohl zur damaligen Corona-Zeit von Briefen ja abgesehen wurde und auch E-Mails als rechtsgültige Dokumente galten.
Auch das Amtsgericht habe ich kontaktiert. Damit mir das Amtsgericht eine Rechtshilfe zur Seite stellen hätte können, benötigte es von der Schule die Bestätigung, dass ich den Antrag auf Drittkorrektur gestellt habe. Mein schriftlicher Antrag, den ich per Einschreiben an die Schule geschickt habe, sei aber laut Angaben der Schule nie angekommen. Und eine E-Mail als Antrag reiche nicht aus, sagte mir die Sekretärin der Schule.“
Darauhin rief von Bothmer noch einmal beim Schulamt an, um das Verhalten der Schulleitung zu schildern. „Ich habe den Sachbearbeiter immer und immer wieder versucht, per Telefon zu erreichen und auch per E-Mail angeschrieben, doch er hat sich nicht mehr zurückgemeldet. Als ich eine Kollegin von ihm beim Schulamt erreichen konnte und ihr meinen Fall schilderte, sagte sie nur, dass sie da nichts machen könne, wenn ich den Antrag nicht korrekt gestellt hätte.“

Das Ministerium schweigt

Meine letzte Chance habe ich dann beim Ministerium gesehen. Also rief ich bei Britta Ernst an, die damals noch die Ministerin für Bildung war. Ihre Sekretärin bat ich darum, eine E-Mail mit den notwendigen Informationen zu senden, was ich umgehend gemacht habe. Ich habe daraufhin die Bestätigung erhalten, dass meine E-Mail eingetroffen sei, dass man sich um die Angelegenheit kümmern und sich bald bei mir melden werde. Darauf warte ich heute noch.
Auch Oberbürgermeister MIke Schubert habe ich um Hilfe gebeten, aber nie eine Antwort erhalten.
Der POTSDAMER hat bei der Schulleiterin, Dr. Hoffmann, nachgefragt. Als Antwort hieß es: „Seien Sie versichert, dass die Potsdamer Schule des Zweiten Bildungsweges „Heinrich von Kleist“ in diesem Fall wie in anderen Fällen die bestehende Rechtslage korrekt und, sofern Ermessensspielräume bestehen, im Interesse von Studierenden anwendet.“
Nach den Schilderungen von Bothmers klingt die Antwort der Schulleitung schon etwas gewagt, lässt sich doch unschwer erkennen, dass hier offensichtlich die Interessen einer ganz bestimmten Studentin nicht berücksichtigt wurden. Warum die Interessen von von Bothmer nicht berücksichtigt wurden und warum sie bis heute keine neutrale Drittkorrektur erhalten hat, lässt sich nur vermuten. Die Schulleitung schweigt jedoch dazu.

sts

Können Sie Caroline von Bothmer helfen? Dann wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter info@der-potsdamer.de. Wir werden Ihre Kontaktdaten vertrauensvoll weitergeben.