Schauspiel in der Kirche beim Martinsumzug
Es ist die Zeit der Besinnlichkeit angebrochen. Die Zeit des Jahres, in der man sich wieder daran erinnern soll, dass man nicht allein ist. Dass es viele andere Menschen auf der Welt gibt, denen es nicht so gut geht und die unsere Unterstützung brauchen. „Indem man sich derer besinnt und ihnen hilft, macht man die Welt ein kleines bisschen besser“, so Annette Winkelmann-Greulich vom Pfarrsprengel Fahrland. In der Paarener Kirche fand am Abend des 17.11.2018 vor dem Martinsumzug eine Andacht statt, bei der man gemeinsam Lieder zu Ehren des Heiligen St. Martin sang. Die Kinder führten ein kleines Theaterstück vor.
In der Kirche versammelten sich am Abend Bürgerinnen und Bürger aus Uetz und Paaren. Die kleine hell gestrichene Kirche wirkt karg, das Innere ist reduziert auf das Wesentliche, und das Fehlen eines üppigen und barock anmutenden Altars wie in anderen Kirchen scheint fast Symbolcharakter zu haben. Es wirkt fast so als sei die Abwesenheit einer barocken und schmückenden Ornamentik nicht nur historisch bedingt, sondern auch Programm und Zeichen für den Verzicht auf Prunk und Überfluss, hin zur Reduktion auf das Wesentliche und zur Bescheidenheit. In diesen Räumen wirkte das kleine nicht einstudierte Theaterstück, bei dem einige Kinder spontan mitmachten, in besonderer Art authentisch.
Nach der kurzen und besinnlichen Andacht, bei dem das Teilen untereinander nach St. Martins Vorbild die Hauptbotschaft einnahm, versammelte man sich draußen zum Martinsumzug.
Es war bereits kalt und dunkel, als man sich singend auf den Weg von der Kirche zu dem Platz machte, an dem das große Lagerfeuer wartete, das von der Freiwilligen Feuerwehr entfacht und überwacht wurde. In der Dunkelheit hüpften einige bunte Lichter, nur wenige Zentimeter über dem Boden. Die kleinen Kinder trugen voller Stolz ihre Laternen vor sich her, ein Symbol dafür, etwas mehr Licht in die Welt zu tragen und so für mehr Bescheidenheit und Nächstenliebe zu sorgen.
sts
Die Bedeutung des Martinsfests
In der von Byzanz beeinflussten Christenheit lag der Martinstag am Beginn der Fastenzeit, die vom Mittelalter bis in die Neuzeit hinein – in den orthodoxen Kirchen teilweise bis heute – vor Weihnachten begangen wurde. Der Tierbestand, der nicht durch den Winter gefüttert werden konnte, musste reduziert werden, vorhandene und nicht „Fastenzeit-taugliche“ Lebensmittel wie Fett, Schmalz und Eier mussten verbraucht werden. Am letzten Tag vor Beginn dieser Fastenzeit konnten die Menschen – analog zur Fastnacht – noch einmal schlemmen.
Daneben war der Martinstag das Ende des bäuerlichen Wirtschaftsjahres, neuer Wein konnte probiert werden, es war der Termin für den Viehabtrieb oder das Ende des Weidejahres sowie der traditionelle Tag, an dem die Entrichtung des Zehnten fällig war. Die Steuern wurden früher in Naturalien bezahlt, auch in Gänsen. An diesem Tag begannen und endeten Dienstverhältnisse, Pacht-, Zins- und Besoldungsfristen. Landpachtverträge beziehen sich bis heute noch häufig auf Martini als Anfangs- und Endtermin, da der Zeitpunkt dem Anfang und Ende der natürlichen Bewirtschaftungsperiode entspricht. Der Martinstag wurde deshalb auch Zinstag genannt.