Immer mehr Eltern wünschen sich eine Tagesbetreuung für ihr Kind

Potsdam wächst und wächst, und damit die Nachfrage nach Kita- und Krippenplätzen. Um dieser Nachfrage zu begegnen gibt es seit vielen Jahren das Angebot der Kindertagesbetreuung*. Im Potsdamer Norden bieten derzeit neun Frauen diese Möglichkeit der ganztägigen Kinderbetreuung an. Der POTSDAMER sprach mit ihnen über die Unterschiede zum Krippenangebot sowie über die allgemeine Anerkennung des Berufes.

Engagierte Tagesmütter im Norden Potsdams: Untere Reihe: Fr. Zimmer, Fr. Behrendt, Fr. Quade, Fr. Greiner-Mai, Frau Gnauck; Obere Reihe: Fr. Peter, Fr. Schmalz, Fr. Wuttke (v.l.n.r) Foto: sts

Schnellere Entwicklung in kleineren Gruppen

„Die Kindertagesbetreuung ist das einzige pädagogische Betreuungssystem, das aktuell den von der Landeshauptstadt Potsdam vorgegebenen Betreuungsschlüssel von 1 : 5 wirklich erfüllt“, so die Aussage der neun Tagesmütter zu Beginn des Gespräches. „Das liegt daran, dass wir vor allem im Norden Potsdams nicht genügend Krippen- und Kitaplätze haben und an der Tatsache, dass es zu wenige ErzieherInnen gibt.“ Zusätzlich komme der hohe Krankenstand beim Krippen- und Kita-Personal, der die Einhaltung des vorgegebenen Betreuungsschlüssels noch erschwere. „Der Krankenstand in einer öffentlichen Kita ist dreimal so hoch wie der in einer Kindertagesbetreuung“, so Thomas Liebe, Geschäftsführer des Treffpunkt Fahrland e.V., der auch Träger der Kita Fahrländer Landmäuse ist.
Kinder im Alter bis drei Jahren bräuchten eine Betreuung, die auf Nähe und Verlässlichkeit aufgebaut ist. Dabei sei es für das Kleinkind wichtig, möglichst EINE Bezugsperson zu haben, um für eine tiefere Bindung und bessere Orientierung zu sorgen. Daher sei die Kindertagesbetreuung in diesem Alter die bessere Wahl. Thomas Liebe bestätigt: „Kinder aus Tagesbetreuungseinrichtungen kommen deutlich entwickelter und selbstständiger in unsere Kita. Man merkt die wesentlich höhere Förderung, die die Kinder in der Tagesbetreuung erfahren.“

Kleinkinder lernen schneller in kleinen Gruppen. Foto: pixabay

Vorteile durch Kooperation

Durch die Zusammenarbeit zwischen Kita-Träger und den Kindertagesbetreuungseinrichtungen profitieren Eltern und Kinder. Die Kita Fahrländer Landmäuse, unterstützt die Kindertagesbetreuerinnen auch in Momenten des krankheitsbedingten Ausfalls. Kommt es in einem solchen Fall zu einem akuten Betreuungsbedarf, springt die Kita sofort ohne formellen Aufwand ein und nimmt die Kinder für die Zeit der Schließung auf. Zusätzlich garantiert die Kita den Eltern von tagesbetreuten Kindern einen Kitaplatz, wenn diese Kinder das Alter von drei Jahren erreicht haben. Das Suchen einer neuen Kita, wenn die Zeit bei der Kindertagesbetreuung zu Ende ist, entfällt somit.

Zehn bis zwölf Stunden Arbeit pro Tag

Ein kleiner Nachteil bei der Kindertagesbetreuung ist die maximale Betreuungszeit von acht Stunden. Laut Thomas Liebe benötigt ein Drittel der Eltern eine höhere Betreuungszeit.
Neben der achtstündigen Betreuungszeit müssen die Tagesmütter noch Aufgaben wie putzen, kochen, administrative Aufgaben und vieles mehr erledigen. Im Durchschnitt arbeiten Tagesmütter zehn bis zwölf Stunden am Tag, verdienen allerdings nicht mehr als eine Erzieherin mit einer 35 Stunden-Woche. „Warum machen Sie diese Arbeit dann?“, fragte der POTSDAMER nach, und erhält ein fast gleichzeitiges „Weil es Spaß macht!“ „Wir haben den schönsten Beruf mit den ehrlichsten und dankbarsten Menschen“, sagt eine der Frauen.

Fehlende offizielle Anerkennung

Ebenso einig sind sich die Tagesmütter in dem Punkt, dass die offizielle Anerkennung der Arbeit noch nicht da angekommen sei, wo sie hingehöre. „Wenn man sich trotz Zusatzqualifikationen und über zehn Jahren Berufserfahrung bei einer Kita bewerben möchte, gilt man als ‚ungelernt‘, einfach unglaublich“, erzählt eine Tagesmutter verärgert. „Und das bei mindestens fünf Weiterbildungsmaßnahmen, die pro Jahr zu absolvieren und nachzuweisen sind.“
Auch Liebe plädiert für eine Anerkennung der pädagogischen Fachkenntnisse nach einer bestimmten Anzahl von Berufsjahren der Tagesmütter. Es sei wichtig, den Beruf entsprechend zu würdigen. Für unnötig hält Liebe auch das alle fünf Jahre von den Tagesmüttern schriftlich einzureichende Betreuungskonzept. „Wofür das alles, wenn man sie doch nicht für pädagogisch geeignet hält?“, fragt sich Liebe.
„Die Kindertagesbetreuung ist eine sinnvolle und vor allem notwendige Ergänzung sowie eine willkommene Alternative für alle Eltern, ohne die wir die große Nachfrage an Betreuungsplätzen für Kinder gar nicht bewerkstelligen könnten“, stellt Liebe fest.

sts

* der POTSDAMER hat sich gemeinsam mit den interviewten Frauen darauf geeinigt, den Begriff der Kindertagesbetreuung zu verwenden, statt des Begriffes der Kindertagespflege, der zwar der öffentlich gebrauchte ist, jedoch nach Ansicht des Autors die langjährige und nachhaltige Arbeit der Tagesmütter nicht wirklich ausreichend erfasst.