Warum eine Straße in Golm (noch) nicht gewidmet werden kann
Es könnte so einfach sein: Die Landeshauptstadt Potsdam möchte eine seit Jahrzehnten genutzte Fahrstrecke als öffentliche Straße widmen, und die Nutzer und Anwohner freuen sich darüber. Nicht aber in Golm. Der POTSDAMER schaute sich die Situation vor Ort an und sprach mit den involvierten Parteien.
Vorteile einer Widmung
Trotzdem sich die Stadt, der Ortsbeirat und eine im vergangenen Jahr gegründete Bürgerinitiative für die Widmung der Straße „Am Zernsee“ einsetzen, scheint man in Golm noch weit von einer Widmung entfernt zu sein, weil einzelne Grundstückseigentümer etwas dagegen haben.
Die Straße „Am Zernsee“ wird seit vielen Jahrzehnten als Zufahrtsstraße von den Anwohnenden, den Eigentümern der dort liegenden Wochenendhäuser und Besuchern genutzt. Dabei war sie noch vor wenigen Jahren kaum mehr als eine sich durch die Nutzung der Autos verdichtete Fahrspur. Nicht asphaltiert, nicht befestigt. Im Laufe der Jahre wurden einige Medien unterhalb der „Straße“ verlegt, so dass die Versorgung unter anderem mit Strom und Gas für die kleine Siedlung am Zernsee gewährleistet wurde.
Als das Verwaltungsgericht Potsdam mit zwei Urteilen aus dem Jahr 2014 feststellte, dass die Straße „Am Zernsee“ als nicht gewidmet gilt, hat die Landeshauptstadt Potsdam diese wie sie dem POTSDAMER gegenüber formuliert „nicht zufriedenstellende Entscheidung“ hinnehmen müssen und „ein sehr aufwändiges Widmungsverfahren initiiert, um den bestehenden Verlauf der Straße auf Grundlage des Brandenburgischen Straßengesetzes (BbgStrG) zu widmen“.
Ziel dieser Widmung sollte ferner der Ausbau und die Befestigung der Straße sein, um die Verkehrswegesicherung herzustellen. Somit wäre nicht nur eine Befahrung über das gesamte Jahr witterungsunabhängig gewährleistet, sondern auch die Räumung und Instandhaltung der Straße sowie der ungehinderte Zugang von größeren Fahrzeugen wie Müll-, Feuerwehr- oder Krankenwagen. Ebenso verläuft in der Regel die viele Grundstücke versorgende Infrastruktur wie Kommunikationsmedien, Gas, Strom, Wasser und andere unterhalb des Straßenverlaufs entlang. Anders als in anderen Bereichen zu beobachten, ist die Verwaltung hier daran interessiert, aus eigner Initiative heraus, sich selbst zusätzliche Kosten und Pflichten aufzubürden, ohne dass dafür ein zwingender Anlass bestünde. Bernd Rubelt, Baubeigeordneter der Landeshauptstadt Potsdam, sagt dazu im Gespräch mit dem POTSDAMER: „Nur durch eine öffentlich-rechtliche Widmung kann eine gesicherte Zuwegung für alle Anlieger erreicht werden. Ich freue mich über die neue Initiative vor Ort und hoffe auf eine große Mitwirkungsbereitschaft..“
Keine Widmung möglich?
Weil die Straße über 57 Privatgrundstücke verläuft, ist die erforderliche Einvernehmensherstellung, also die Zustimmung zur Widmung der betroffenen Privatgrundstücke gemäß § 6 Abs. 3 BbgStrG, notwendig. Auch habe nur etwa die Hälfte der in den vergangenen Jahren mehrfach angeschriebenen und zu Bürgerversammlungen geladenen Eigentümer auf die Schreiben der Landeshauptstadt geantwortet, so eine Sprecherin der Stadt auf Nachfrage des POTSDAMER.
Um zwischen den vielen Beteiligten eine möglichst schnelle Einigung zu erzielen und von der Vielzahl der Vorteile einer Widmung zu überzeugen, gründete sich 2021 eine Bürgerinitiative (BI) aus Einwohnern und Betroffenen. Im Gespräch mit dem POTSDAMER stellt der Sprecher der BI, Torsten Messerschmidt, die Ziele der BI vor: „Wir setzen uns dafür ein, dass der Ortsteil ganzheitlich betrachtet wird und die bestehende Siedlung am Zernsee in den Rahmenplan 2040 integriert wird, bei dem 60 Hektar eines Landschaftsschutzgebietes zu einem Baugebiet werden sollen. Um die Widmung jedoch zu erreichen, ist es notwendig, dass wir die Grundstückseigentümer von den Vorteilen einer Widmung überzeugen.“ Hierfür rief die BI im Oktober 2021 eine Versammlung ein, stellte die Ziele vor und traf auf eine breite Zustimmung. „Wir möchten als BI die Brücke zwischen Anliegern und Stadtverwaltung sein“, so Messerschmidt, der auch die Gesprächsbereitschaft der Stadtverwaltung in dieser Sache lobt.
Einigung in Sicht
Messerschmidt, der selbst Anlieger der Straße „Am Zernsee“ ist und daher die Thematik sehr gut kennt, sieht sich als Mediator zwischen Verwaltung und sich noch nicht für die Widmung ausgesprochener Grundstückseigentümer. Er weiß um die „Ressentiments“ auf Seiten der Stadt und einzelner Anlieger, wobei die Stadt laut Messerschmidt teilweise resigniert habe. Der Sprecher der BI möchte beide Seiten auf kommunikativer Ebene wieder zusammenzubringen. In den Gesprächen habe sich oft gezeigt, dass nicht alle über die richtigen Informationen verfügen, was zu Vorurteilen und ablehnenden Haltungen führte. Dies habe Messerschmidt im Gespräch zum großen Teil auflösen können und so bereits eine breiter werdende Zustimmung für das Widmungsverfahren auf Seiten der Anwohner und Anlieger erreicht. Den weiteren Gesprächen sieht er positiv entgegen und geht von einer baldigen Einigung aus. „Ich vermute, dass die verhärteten Standpunkte derer, die sich noch nicht für eine öffentliche Widmung ausgesprochen haben, vor allem auf einen ungünstigen Gesprächsverlauf zwischen diesen und der Stadtverwaltung basieren und Argumente nicht immer vorteilhaft und sachdienlich ausgetauscht wurden. Ich glaube aber, dass eine baldige Lösung in Sicht ist“, so Messerschmidt zuversichtlich.
Bis zum Sommer will Messerschmidt mit allen Beteiligten einen Punkt erreicht haben, bei dem es nur noch darum geht, die letzten Widersprüche zu identifizieren und bestehende Gegenargumente auszuräumen.
Sollte aber keine Einigung möglich sein, sei die Landeshauptstadt Potsdam auch gewillt, die erforderlichen Teile der infrage kommenden Grundstücke zu erwerben, um eine vollflächige Widmung zu erreichen.
sts